Die Minister für Verteidigung und Inneres, Krassimir Karakatschanow und Mladen Marinow, und die Chefs der Grenzpolizei und der Bodentruppen sind heute an der bulgarisch-griechischen Grenze am Grenzübergangspunkt Kulata eingetroffen, um sich vor Ort über die Lage zu informieren. Der Visite ging ein von Premierminister Bojko Borissow am Tag zuvor dringend einberufenes Treffen voraus, auf dem Maßnahmen im Falle eines Migrantenstroms aus Griechenland in Richtung Westeuropa über Bulgarien diskutiert werden sollten.
Die schnelle Reaktion der bulgarischen Regierung ist auf die Befürchtungen zurückzuführen, dass die so genannte Balkanroute für Migranten reaktiviert werden könnte. Die Route gilt seit 2016 als geschlossen und praktisch gibt es überhaupt keinen Druck durch Migranten entlang der südlichen Grenze auf Bulgarien. Die Ereignisse der letzten Tage in den Nachbarländern Türkei und Griechenland ließen aber alte Ängste aufleben.
Im Gegensatz zu der vorangegangenen Migrationskrise gilt heute nicht die Grenze zur Türkei, sondern diese zu Griechenland als gefährdet. Wie Premierminister Bojko Borissow zugab, seien „die Grenze zur Türkei gut geschützt und die mit der Türkei abgeschlossenen Vereinbarungen funktionierend“. Mit Griechenland gebe es aber Probleme.
Zusätzliche Befürchtungen schürt die Tatsache, dass es sowohl in Griechenland als auch in der Türkei unter den Migrantengruppen Personen gibt, die versuchen, eine massenhafte Migrantenwelle in Richtung Westeuropa zu organisieren. Die Grenzübergangsstelle Kulata erweist sich in diesem Zusammenhang als der am meisten gefährdete Grenzübergang.
Obwohl die Lage an der bulgarischen Grenze als normal gilt, schätzt das Innenministerium ein, dass zusätzliche Kräfte stationiert werden sollten. Es werde auch in Erwägung gezogen, die Armee um Hilfe zu bitten. Allein dieser Umstand weist auf den Erst der Lage hin, denn die Streitkräfte werden nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Gestern aber erklärte der Verteidigungsminister auf der Dringlichkeitssitzung, dass die Armee bereit sei, im Rahmen von 24 Stunden 1 200 Soldaten zu sichern. 3000 Soldaten stünden für die Bewachung der gesamten Grenze bereit.
In Bulgarien selbst gibt es unter den Flüchtlingen keine Versuche, eine Fortbewegung in Richtung Westeuropa zu organisieren. Obwohl Krassimir Karakatschanow, der neben Verteidigungsminister als Vizepremier auch für Fragen der Sicherheit zuständig ist, „solche Versuche nicht auszuschließen sind“. Bulgarien müsse deshalb solche Maßnahmen treffen, die von seinen südlichen Nachbarländern bereits getroffen wurden, sagte Karakatschanow. Das sei nicht nur aus Sicherheitsgründen notwendig, sondern auch wegen der bevorstehenden Europawahl, denn Europa könnte durch einen erneuten Massenandrang von Migranten destabilisiert werden.
Sollte es trotz der Maßnahmen zum Eindringen von Flüchtlingen in Bulgarien kommen, so sei das Land bereit, diese in den bestehenden Flüchtlingslagern aufzunehmen, die nur zu zwei Dritteln belegt seien.
Die öffentliche Meinung zu der Frage, neue Flüchtlinge aufzunehmen, ist aber äußerst sensibel und könnte leicht zu politischen Zwecken missbraucht werden, so dass die Stimmung kippt. Deshalb appellierte Minister Karakatschanow, das Thema Flüchtlinge politisch nicht auszuschlachten.
Maßnahmen seitens der zuständigen Institutionen allein reichen aber nicht aus, um der Verlockung zu wiederstehen. Gefragt ist vor allem die politische Verantwortung von allen an der Europawahl beteiligten Parteien.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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