Im August des Jahres 1959 fanden am Kap Kaliakra im Schwarzen Meer archäologische Forschungsarbeiten unter Wasser statt. Diese Expedition gilt als die Geburtsstunde der Unterwasserarchäologie in Bulgarien.
Anlässlich des 60. Jahrestages dieses Ereignisses führte die Bulgarische Nachrichtenagentur BTA ein Gespräch mit Preslaw Peew, Leiter der Sektion „Meeresgeologie und Archäologie“ des Instituts für Ozeanologie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in der Schwarzmeerstadt Warna. Der Wissenschaftler führte aus, dass die betreffende Expedition keine Spuren der Kämpfe zwischen Russland und dem Osmanischen Reich der Jahres 1791 entdeckt hat, was ihr Ziel gewesen ist. Die ersten Erfolge der bulgarischen Unterwasserarchäologie stellten sich einige Monate später ein, als interessante Artefakte vom Meeresgrund beim Kap „Maslen nos“ an Land gebracht werden konnten. Eine stürmische Entwicklung erfuhr diese Richtung der Archäologie in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die bulgarische Schwarzmeerküste näher unter die Lupe genommen wurde. Entdeckt wurden die Überreste untergegangener prähistorischer Wohnstätten, antiker Siedlungen und natürlich gesunkener Schiffe.
Vollständig erhaltene Schiffswracks konnten nicht ausgemacht werden. Dafür stießen die Archäologen auf die unterschiedlichsten Schiffsladungen, die in einer Tiefe zwischen 2 und 30 Metern auf dem Meeresgrund liegen. Für Aufregung in Fachkreisen sorgten die Überreste gleich mehrerer antiker Schiffe. Das älteste antike Schiffswrack wird in die zweite Hälfte des zweiten und den Anfang des dritten Jahrhunderts nach Christus datiert. Dieses Schiff hat einst bearbeiteten Fisch befördert; es handelte sich um Europäischen Wels, der wahrscheinlich in einem der großen Flüsse gefangen wurde, die im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres münden. Bereits seit Aristoteles ist bekannt, dass die Schwarzmeerregion Fisch für den ägäischen Raum exportiert hat. Die Handelsschiffe transportierten aber auch Weizen, Wein, Felle, Metalle und Olivenöl. Aus alten Chroniken erfährt man, dass die Stadt Pomorie die Metropole Konstantinopel mit Fischrogen beliefert hat. Für wen diese Delikatesse jedoch konkret bestimmt war, wird nicht erwähnt.
Die Schifffahrt im Schwarzen Meer erfolgte in jenen Zeiten entlang der Küste. Die antiken Seefahrer unternahmen jedoch auch riskante Fahrten und überquerten das Schwarze Meer. Zeugnis legen davon die Überreste von Schiffen ab, die zwischen der heutigen Türkei und der Halbinsel Krim unterwegs waren. Von den weitreichenden Handelsbeziehungen und Schiffrouten kündet beispielsweise ein Wrack, das vor dem Kap „Tscherni nos“ bei Bjala entdeckt wurde, dessen Fracht aus Nordafrika stammte.
Die Strömungen haben sich im Schwarzen Meer seit der Antike bis heute nur unwesentlich verändert. Dafür hat jedoch die Küste große Veränderungen erfahren. Ganze Siedlungen sind im Meer versunken. Das war keine Folge von gewaltigen Naturkatastrophen, sondern geschah langsam während mehrerer Jahrhunderte. An einigen Stellen hat sich der Boden gesenkt; der Wasserspiegel seinerseits hebt sich bis heute um 2,8 bis 3 Millimeter pro Jahr.
Die modernen Technologien haben die Möglichkeiten der Unterwasserarchäologie maßgeblich erweitert, kommentierte der BTA gegenüber der Wissenschaftler Preslaw Peew. Es können Objekte in größeren Tiefen ausgemacht werden, einschließlich im Schlamm versunkene hölzerne Wasserfahrzeuge. Trotz ihres hohen Alters besitzen sie einen sehr guten Erhaltungszustand, weil das Schwarze Meer an seinem Grund eine Schicht besitzt, die reich an Schwefelwasserstoff ist. Dieser tötet die Mikroorganismen ab, die organische Stoffe zersetzen. Das Institut für Ozeanologie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Warna verfügt bereits über ein Mini-U-Boot, das bis in eine Tiefe von 170 Metern eingesetzt werden kann.
Wie überall in der Welt ranken sich auch um das Schwarze Meer verschiedene Legenden über versunkene Schätze. Die Wissenschaftler stehen ihnen jedoch eher skeptisch gegenüber; auch glauben sie nicht an versteckte Piratenschätze. Piraten hat es im Schwarzen Meer tatsächlich gegeben und die alten Chroniken schildern häufig ihre Überfälle. Erhalten sind viele Berichte besonders aus dem 17. Jahrhundert. Es fehlen jedoch solche über Seeschlachten mit Piraten und die Märchen über die schwarze Piratenflagge mit einem grinsenden weißen Schädel auf gekreuzten Knochen regt eher zum Schmunzeln an, kommentierte Preslaw Peew. Er schloss jedoch nicht aus, dass das Schwarze Meer noch so manche Geheimnisse birgt.
Redaktion: Stoimen Pawlow
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: BTA und Archiv
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