Den dritten Tag lang schütteln die erniedrigende Niederlage mit 0:6 im EU-Qualifikationsspiels Bulgarien - England und die rassistischen Entgleisungen einiger Fußballfans das Land wie im Alptraum. Heftige Reaktionen folgten im In- und Ausland.
Niemand hat auch im Traum daran gedacht, dass die bulgarische Regierung die Kontakte zum Bulgarischen Fußballverein abbrechen und den Rücktritt seines Vorsitzenden Borislaw Michajlow fordern wird. Der Rücktritt ist erfolgt. Jetzt wird darüber diskutiert, wer befugt ist, ihn entgegenzunehmen, das Exekutivkomitee oder der Kongress des Fußballvereins. Ein Teil der fußballbegeisterten Öffentlichkeit begrüßt die Reaktion der Regierung. Nicht Wenige sind aber der Ansicht, dass gerade die Regierung Schuld am Skandal trägt, weil es ihn hätte verhindern können.
Die Medien in Großbritannien haben vernichtende Kritiken wegen den rassistischen Ausschreitungen in Sofia veröffentlicht. Die Botschafterin Großbritanniens in Sofia Emma Hopkins aber lobte die „schelle Reaktion der bulgarischen Regierung in diesem Fall“. Während seiner Anhörung im britischen Parlament gab auch der britische Minister für Sport, Medien und kreative Industrie, Nigel Adams, eine ähnliche Einschätzung.
Vor diesem Hintergrund qualifizierte der Staatspräsident Rumen Radew den vom Kabinett geforderten Rücktritt des Vorsitzenden des Fußballvereins als „eine unzulässige Einmischung“ und forderte die mit der Sicherheit des Fußballspiels beauftragten Vertreter der Exekutive auf, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen. Radew erklärte sich für drakonische Maßnahmen gegen die Fußballhooligans und warnte, dass es so lange solche Rezidive wie im Fußballstadion Anfang der Woche geben wird, bis Politiker Fußballfans für außersportliche Tätigkeiten benutzen. Rumen Radew appellierte aber auch, „die isolierten rassistischen Entgleisungen während des Fußballspiels nicht zu generalisieren und auf ein ganzes Volk zu übertragen, das während des Zweiten Weltkrieges seine Juden gerettet hat“.
Eine ähnliche Position äußerte auch der Trainer der Fußballnationalmannschaft Krassimir Balakow. Er betonte, dass es Rassismus als nationale Erscheinung nicht gibt, sondern nur sporadisches Fehlverhalten. Der „eiserne“ Hristo Stoitschkow brach beim Kommentieren des Geschehens von Montag in Tränen aus und so erhielt das Ganze auch einen emotionalen Anstrich.
Der Fall ist noch lange nicht abgeschlossen. Nach der riesigen Schande folgen die Konsequenzen. Die UEFA beruft sich auf Artikel 14 ihrer Rechtspflegeordnung und beschuldigt Bulgarien des rassistischen Verhaltens, Werfens von Gegenständen, Unterbrechung der Nationalhymne und Verletzung des Regelwerks für Sicherheit und Schutz.
Von der Football Against Racism in Europe (FARE) wurde verkündet, dass sie weiterhin von der UEFA fordern werde, Bulgarien für die Fußball-EM 2020 zu disqualifizieren, um ein Beispiel im Kampf gegen Rassismus zu setzen.
Von Bulgarien selbst wird erwartet, dass es eine breite öffentliche Debatte anstößt über die Grenzen der Toleranz gegenüber ausfälligen Fußballfans, die Verantwortung der zuständigen staatlichen Behörden bei Sportereignissen und die Verantwortung der Sportorganisationen gegenüber der Gesellschaft. Nicht zuletzt sollte die kompromisslose Anwendung des Gesetzes in diesem Bereich durchgesetzt werden.
Bulgarien verfügt über ein Gesetz über das Fußballrowdytum, das im vergangenen Jahr sogar aktualisiert wurde. Der Skandal von Montag beweist aber erneut, dass trotz dieses Gesetzes das Fußballrowdytum nicht nur existiert, sondern sogar neue Dimensionen erreicht.
Übersetzung: Georgetta JanewaFotos: REUTERS und eurosport.co.uk
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