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Bulgariens Überwachung seitens der Europäischen Kommission – beendet, aber nicht ganz

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Die Europäische Kommission gab bekannt, dass Bulgarien seinen Verpflichtungen bezüglich der Justizreform und der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität nachgekommen sei und alle Vorgaben des Kooperations- und Kontrollverfahrens (CVM) erfüllt habe. Dieser Überwachungsmechanismus wurde im Jahr 2007 bei der Aufnahme Bulgariens in die EU eingerichtet. Angesicht der Tatsache, dass er eigens von der Europäischen Kommission angewendet wird, könnte man schlussfolgern, dass das Überwachungsverfahren eingestellt wurde. Die Europäische Kommission räumte aber ein, man müsse zuerst die Bestätigung ihrer Position seitens des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments abwarten. Und das bedeutet, dass das Monitoring faktisch noch nicht beendet ist. Doch selbst nachdem dies erfolgt ist, will die Europäische Kommission das Kooperations- und Überprüfungsverfahren für Bulgarien und Rumänien durch ein neues Instrument zur Überwachung ersetzen, das auch Ungarn und Polen einbezieht. Unter diesen Umständen wäre Bulgarien weiterhin ein Land, das unter Aufsicht steht, wie das seit 2007 der Fall ist.

Die jüngsten Nachrichten aus Brüssel werden in Bulgarien kontrovers aufgefasst. Nach Ansicht der linken Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) sei die Empfehlung der Europäischen Kommission zugunsten eines Wegfalls des Überwachungsmechanismus kein Grund zu Stolz und Freude, weil dies bei weitem kein Ende der Aufsicht bedeute. Die Meinungen der bulgarischen Abgeordneten von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament fielen unterschiedlich aus. Worten von Elena Jontschewa zufolge sei das Kooperations- und Kontrollverfahren nicht etwa deshalb eingestellt worden, weil es für mehr Ordnung und Gerechtigkeit in Bulgarien gesorgt habe, sondern weil es dieser Rolle nicht gerecht werden konnte. Der Vorsitzende der Partei der Europäischen Sozialisten und BSP-Europaabgeordnete Sergej Stanischew ist anderer Meinung. Er sieht den jüngsten Bericht der Europäischen Kommission als positive Nachricht an, da er mit der Haltung der bulgarischen Europaabgeordneten von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament korrespondiere, dass das Kooperations- und Überprüfungsverfahren beendet werden sollte.

Der Europaabgeordnete von der Fraktion „Renew Europe“ Ilhan Kjutschuk erinnerte daran, dass die Abschaffung des Monitorings bereits mehrmals von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Aussicht gestellt wurde. Dies sei eine zum Großteil politische Entscheidung, doch gebe es auch objektive Vorgaben, die Bulgarien erfülle, was das Land begünstige, kommentierte Ilhan Kjutschuk. Die Europaabgeordneten von der Fraktion „Renew Europe“ sind überzeugt, dass die Aufhebung der Überwachung Bulgariens kein Problem sei, weil es vor dem Hintergrund anderer Länder ein vollkommen normaler Staat sei.

Bei ihrer ersten Reaktion gestern kommentierte Außenministerin Ekaterina Sachariewa, tatsächlich sei noch keine formelle Entscheidung über die Einstellung des Kooperations- und Überprüfungsverfahrens getroffen, da man noch auf die Stellungnahme des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments warte. Dessen ungeachtet stehe die endgültige Entscheidung der Europäischen Kommission zu und die Bewertungen in ihrem jüngsten Bericht würden Bulgarien Grund zu der Annahme geben, dass die Europäische Kommission – egal ob in ihrer derzeitigen oder künftigen Zusammensetzung – eine Aufhebung des Kooperations- und Kontrollverfahrens beschließen wird, so Sachariewa. Was das neue Überwachungsinstrument angeht, gab sie heute bekannt, dass Bulgarien sich für die Einführung eines umfassenden Rechtsstaatlichkeitsmechanismus aussprechen wird, das in allen 28 EU-Ländern gleichermaßen angewandt wird. Unabhängig davon, ob es ein Kooperations- und Kontrollverfahren geben wird oder nicht und welche Entwicklung dieses Thema erfährt, werden die Reformen in der Justizreform und bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen in Bulgarien fortgesetzt, betonte Außenministerin Sachariewa.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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