Die Erde in der Region Rupite bei Petritsch in Südwestbulgarien hat die Überreste der Geschichte der antiken Stadt Herakleia Sintike (lat. Heraclea Sintica) für nachfolgende Generationen bewahrt. Die Historiker sind der Ansicht, dass sie im 4. vorchristlichen Jahrhundert in der Zeit des Mazedonierkönigs Philipp II., Vater von Alexander dem Großen, ausgebaut, wenn nicht sogar von ihm gegründet worden ist. Benannt war die Stadt nach dem dort siedelnden thrakischen Stamm Sinti und dem mythischen Helden Herkules, den die mazedonische Herrscherdynastie als ihren Gründer ansah. „In den letzten Jahren konnten wir den Hauptplatz und Teile der anliegenden Viertel ausgraben“, erzählte für den BNR Dozent Dr. Ljudmil Wagalinski, der die Ausgrabungen seit 2007 leitet. Der Archäologe ist für die Unterstützung seitens Staat und Gemeinde dankbar und wird so auch in diesem Sommer die Forschungsarbeiten fortsetzen können.
„Unser Ziel besteht darin, die Geschichte dieser Stadt zu rekonstruieren“, betont der Archäologe. „Wir suchen nicht nach wertvollen Gegenständen, denn der Wert ist ein relativer Begriff. Heraclea Sintica war im Verlauf von 800 Jahren ein Zentrum. In dieser langen Periode hat es viele schwierige Zeiten erlebt. Nachdem es mit feindlichen Überfällen fertig geworden war, vernichteten zwei aufeinanderfolgende schwere Erdbeben um das Jahr 400 nach Christus die Infrastruktur der Stadt und das Leben in ihr erlosch. Es wird sicher für die Einwohner, die die Beben überlebt haben, sehr schwer gewesen sein, ihren Geburtsort zu verlassen, doch die Natur ist stärker als wir alle. Der Mensch ist ein verletzbares Wesen, so dass wir uns bewusst werden müssen, besser auf unser Leben zu achten und den Mitmenschen größere Achtung entgegenzubringen.“
Die Geschichte ist jedoch reich an Beispielen, die deutlich zeigen, dass nicht einzig die Zeit und die Naturgewalten die menschlichen Spuren auslöschen können. Nehmen wir zum Beispiel den Hafen der bulgarischen Schwarzmeerstadt Sosopol. Man hat ihn mehrmals ausgehoben, um für ein tieferes Fahrwasser zu sorgen, damit größere Schiffe anlegen können. Damit wurden wertvolle archäologische Schichten unwiederbringlich vernichtet. Als die Gemeinde Sosopol jüngst weitere Molen errichten wollte, wurden glücklicherweise zuerst Archäologen herangezogen, die im Rahmen von Rettungsgrabungen bis dato unberührte Schichten erforschen können.
„Es handelt sich um ein sehr interessantes Forschungsprojekt, weil es sich auf Unterwassergrabungen im Hafen von Sosopol bezieht“, präzisiert Kalin Dimitrow vom Zentrum für Unterwasserarchäologie. „Das Areal wurde bereits vor Jahren als sehr wertvoll für die Unterwasserarchäologie eingeschätzt und dem immobilen Kulturerbe „Hll. Quiricus und Julitta“ zugerechnet. Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden dort archäologische Untersuchungen vorgenommen, bei denen Teile prähistorischer Siedlungen entdeckt wurden. Das Investitionsvorhaben der Gemeinde Sosopol betrifft bislang unerforschte Gebiete. Bisher haben wir Teile der Hafenanlagen des antiken Apollonia Pontica untersucht und reiches Material aus der spätarchaischen, klassischen und frühhellenistischen Periode entdeckt. Der Umfang des Materials, das sich auf den Boden des Hafens angesammelt hat, ist wirklich beeindruckend.“
Die Unterwassergrabungen im einstigen antiken Hafen werden sicher auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden. In diesem Jahr will sich das Zentrum für Unterwasserarchäologie um die Finanzierung von drei Projekten bewerben. Es handelt sich um regelmäßig durchgeführte archäologische Forschungen, darunter im alten Hafen an der Mündung des Ropotamo-Flusses, der seit 2017 näher erforscht wird. Die zwei anderen Projekte betreffen die Küstengewässer von Nessebar und die nördliche bulgarische Schwarzmeerküste, wo die letzten Unterwassergrabungen in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts liefen.
Redaktion: Darina Grigorowa
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: archaeologia-bulgarica.com
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