2020 war für den Sport weltweit ein zweifellos schwieriges Jahr. Wie schneidet aber Bulgarien vor dem Hintergrund anderer Länder ab, was die Angemessenheit der Maßnahmen in Unterstützung des Sports während der Covid-19-Krise angeht? Mit dieser Frage wandte sich Radio Bulgarien an Prof. Daniela Daschewa, Dozentin für Theorie und Methodik des Sporttrainings und ehemalige Ministerin für Jugend und Sport in der Regierung von Ognjan Gerdschikow.
„In Bulgarien ist der Sportsektor während der Pandemie vollkommen in Vergessenheit geraten“, sagte Prof. Daschewa und betonte, dass in diesen schwierigen Monaten die Länder, die auf die Entwicklung des Sports setzen, riesige Summen für seine Rettung zur Verfügung stellen. Großbritannien beispielsweise hat allein während der zweiten Covid-19-Welle 300 Millionen Pfund für die elf am stärksten betroffenen Sportarten bereitgestellt, damit sie die Krise überwinden können.
„Wir gehören zu den wenigen Ländern in Europa, die während der Pandemie nichts für den Elitesport oder den Gesundheitssport getan haben. Fast alle haben Stipendien an Elite-Athleten von Verbänden mit unzureichender Finanzierung und Vergütung der Trainer vergeben, damit sie in einer Zeit, in der es keine Wettkämpfe gibt, ihre Motivation nicht verlieren und dem Sport erhalten bleiben. Bei uns ist das nicht passiert. Wenn Sie fragen, was der Staat während der Pandemie für den Sports getan hat, wird Ihnen niemand antworten“, sagt Prof. Daschewa.
In anderen Ländern sind die Informationen im Zusammenhang mit der Finanzierung öffentlich, hier nicht. „Es gibt einzelne Mitteilungen, dass jemandem etwas gegeben wurde, aber an einem seriösem Programm oder Fonds zur Erhaltung des Sports in Zeiten einer Pandemie fehlt es“, bedauert Prof. Daschewa. Ihr zufolge hat es eine kleine Anzahl von Sportclubs, wie beispielsweise Schwimmvereine, geschafft, die 60:40-Maßnahme zu nutzen. Der Steuersatz der Fitnesscenter wurde später herabgesetzt, aber sie wurden während des zweiten Lockdowns geschlossen, so dass sie nicht davon profitieren konnten.
Befremdend ist auch, dass in Bulgarien nach all diesen Monaten immer noch keine Pläne über die Entwicklung und Finanzierung des bulgarischen Sports unter den neuen Bedingungen erörtert werden. Es wird nicht über die Notwendigkeit weiterer Investitionen in den Outdoor-Sport gesprochen, obwohl die Zukunft in den nächsten Jahren darin liegt, sagte Prof. Daschewa.
Ein weiteres altes Problem, das vor dem Hintergrund der Pandemie ins Auge fällt, ist das Fehlen solider Trainingszentren.
Trotz der Schwierigkeiten hat Bulgarien im Jahr 2020 gute Ergebnisse in einigen Sportarten wie Leichtathletik und Sambo erzielt, wo Maria Orjaschkowa den 6. Weltmeistertitel gewonnen hat. Auch haben unsere Gymnastinnen während der Europameisterschaft für rhythmische Gymnastik in Kiew mit Gold- Silber- und Bronzemedaillen abgeräumt. Die Verschiebung des Sportkalenders hat sich jedoch erwartungsgemäß negativ auf die sportlichen Leistungen ausgewirkt.
„Es hat sich erwiesen, dass es schwierig und immer noch recht unklar ist, wie man Spitzensportler unter solchen Umständen in guter Form halten kann“, resümierte Prof. Daschewa.
Auch 2021 zeichnet sich als ein schwieriges Jahr für den Welt- und auch für den bulgarischen Sport ab.
„Die bulgarischen Athleten werden es ziemlich schwer haben. Erstens wird es für sie nicht einfach, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, weil wir immer noch nicht genügend Quoten haben, um daran teilzunehmen. Einerseits müssen sie an Qualifikationswettbewerben teilnehmen, um Quoten zu gewinnen. Andererseits haben sie nur noch etwa 6 Monate Zeit bis zu den Olympischen Spielen im Juli-August 2021, falls diese überhaupt stattfinden“, sagte Prof. Daschewa. „Die Teilnahme und das Gewinnen von Preisen wird zudem durch den Umstand erschwert, dass das Training von Spitzensportlern in Bulgarien nicht auf wissenschaftlicher Basis beruht. Und unter den Bedingungen, unter denen das Training und die Wettkämpfe stattfinden sollen, können wir ohne wissenschaftliche Betreuung nicht vorankommen. Wir haben auch keine Informationen, was mit unseren Konkurrenten passiert, wie und wo sie trainieren. Fakt aber ist, dass sie es tun und dass viele Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Sie haben exakt entschieden, welche Sportarten sie am meisten finanzieren, damit sie an den Olympischen Spielen teilnehmen können. Und wir werden uns auf den guten Zufall verlassen“, so Prof. Daschewa abschließend.
Übersetzung: Rossiza RadulowaFotos: BGNES und Archiv
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