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Wir brauchen eine nationale Strategie in puncto Demografie, um nicht von der Landkarte zu verschwinden

Foto: Ani Petrowa

In drei Jahrzehnten ist Bulgariens Bevölkerung um 1,5 Millionen geschrumpft. Die Lebenserwartung in unserem Land beträgt durchschnittlich 71,4 Jahre, während sie in anderen europäischen Ländern bei 80 Jahren liegt. Jeden Monat wird de facto ein bulgarisches Dorf ausgelöscht. Sollte dieser demografische Trend anhalten, werden hier bald sehr viele Rentner und nur wenige Arbeitnehmer leben. Langfristigen Prognosen zufolge werden in unserem Land im Jahr 2050 nur noch 5,6 Millionen Bulgaren leben, bei einer Bevölkerung von derzeit 6,5 Millionen, so das Nationale Statistikamt.

Niedrige Geburtenraten, alternde Bevölkerung, schlechte Gesundheitsversorgung und Auswanderung gehören zu den wichtigsten Ursachen, die die demografische Krise vertiefen.

„Von großer Bedeutung ist die Tatsache, dass wir arm sind“, meinte der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Regionalpolitik Nastimir Ananiew. „Über 2 Millionen wirtschaftlich aktive Bulgaren sind derzeit im Ausland, während in unserem Land 2,7 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter und 2 Millionen Rentner leben. Wir müssen darauf hinarbeiten, unser Land für die Bulgaren im Ausland attraktiv zu machen und sie wieder in die Heimat zurückzuholen. Jeder möchte normal leben, sich als Europäer fühlen. Wenn man aber 15 Jahre nach unserem EU-Beitritt die Menschen auf der Straße fragt, werden die meisten kaum sagen, sie seien Europäer.“

Obwohl die Maßnahmen zur Entschärfung des demografischen Problems zu den Prioritäten der regierenden Koalition zählen, stehen sie immer noch nicht auf der Tagesordnung, sagte der Abgeordnete.

“Um sich darauf zu fokussieren, sollte man nicht durch andere Dinge abgelenkt werden. Im Moment gibt es aber Krieg, Inflation, Energiekrise“, fährt Nastimir Ananiew fort. „Es ist wichtig, eine nationale Strategie mit konkreten Schritten über die Vision Bulgariens für die kommenden 20 Jahre auszuarbeiten, die von allen parlamentarischen Kräften unterstützt werden muss. Wenn jedoch jemand anfängt, diese Schritte umzusetzen und in ein paar Jahren die nächste Regierung etwas anderes macht, wie das seit 30 Jahren der Fall ist, dann wird die Strategie einfach nicht funktionieren.“

Der Abgeordnete von der Partei „Wasraschdane“ Angel Georgiew stammt aus der ärmsten Region in Europa – dem Nordwesten Bulgariens. Während seiner Kindheit hatte Widin weitaus mehr Einwohner. Seine Partei könne mit einem Programm zur Bewältigung der demografischen Katastrophe aufwarten.

„Wir wollen dem Vorbild Griechenlands folgen, das in den 1990er Jahren durch ein Paket wirtschaftlicher Maßnahmen mehr als eine Million Menschen dazu bewogen hat, wieder in die Heimat zurückzukehren“, erläutert Angel Georgiew. „Für dieses Paket, das die Wirtschaft auf die Beine stellen und bulgarische Emigranten zurückholen soll, brauchen wir breite Unterstützung von der EU. Gemäß unserem Programm sollen die Rückkehrer in den ersten 5 Jahren keine Steuern zahlen. Sollten sie auch als Unternehmer aktiv werden, wird die Laufzeit auf 10 Jahre erhöht. Der Nordwesten Bulgariens ist ein klassisches Beispiel dafür, was uns erwartet, wenn wir weiterhin nichts unternehmen. Zur Bewältigung der demografischen Krise sind neben finanziellen Ressourcen auch Führungswille und Kapazitäten erforderlich, die bisher aber keine Regierung an den Tag gelegt hat.“

Die kleinste Parlamentsfraktion „Wasraschdane“ schlägt auch ein Konzept für die Aufnahme von ethnischen Bulgaren aus dem Ausland durch ein vereinfachtes Verfahren zum Erwerb der bulgarischen Staatsbürgerschaft vor. Eine weitere Maßnahme sieht die Entwicklung von Wirtschaftszonen in rückständigen Gebieten vor, um mehr Arbeitsplätze in kleineren Städten zu schaffen.

Die von der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften vorgenommene Umfrage „Regionale demografische Ungleichgewichte in Bulgarien“ prognostiziert eine weitere Entvölkerung unseres Landes in den kommenden 20 Jahren.

„Das Problem bei demografischen Prozessen ist, dass sie wegen der angehäuften Probleme infolge der stark alternden Bevölkerung im Laufe der Jahre mit wachsender Intensität erfolgen“, sagt einer der Autoren der Studie, Prof. Nadeschda Iliewa. „Unsere Prognose sieht eine schnellere Verschlechterung der demografischen Lage vor.“

Die Wissenschaftlerin meint jedoch, dass die Lage reversibel ist, weil die Geschichte weitaus dramatischere demografische Krisen kennt als die in Bulgarien.

Zusammengestellt von: Diana Zankowa (auf der Grundlage von Interviews von Georgi Schikow von BNR-Widin)

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Ani Petrowa


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