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Bulgarien ist Europas Spitzenreiter im Sonnenblumenanbau, doch der Rohstoff reicht nicht für die Verarbeitungskapazitäten

Getreideproduzenten fordern, dass das Einfuhrverbot für ukrainisches Getreide über den 15. September hinaus bestehen bleibt, um einen Marktzusammenbruch zu verhindern

Foto: BTA

Bulgarien fordert zusammen mit vier anderen europäischen Ländern, Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei, dass das Einfuhrverbot für ukrainische Produkte bis Ende des Jahres verlängert wird. Die fünf Länder bestehen auf Flexibilität in der Liste der verbotenen Produkte für den Import, wobei Bulgarien den Schwerpunkt auf Sonnenblumen, unraffiniertes Öl und Trockenmilch legt.

Laut Eurostat-Daten ist Bulgarien im Jahr 2022 führend in der Sonnenblumenkernproduktion in der EU. Es hat 2,117 Millionen Tonnen dieses Rohstoffs produziert, was 23 Prozent der gesamten EU-Produktion entspricht. Die beiden anderen Länder unter den Top drei sind Rumänien und Frankreich. Der Verband der Hersteller von Pflanzenölen und Ölprodukten in Bulgarien weist jedoch auf die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Gewährleistung des Zugangs zu Rohstoffen für unsere Ölverarbeitungsindustrie hin, einschließlich der Aufhebung des Einfuhrverbots.

In einem Brief des Verbands an den Premierminister heißt es, dass Bulgarien „einen systematischen Mangel an Ölpflanzen aus eigener Produktion erlebt und erleben wird, aufgrund der kontinuierlich steigenden Verarbeitungskapazität im Land (derzeit 3,5 Millionen Tonnen pro Jahr für die Herstellung von Speiseöl und 1 Million Tonnen pro Jahr für die Produktion von geschälten Sonnenblumenkernen). Ihren Angaben zufolgewerden die Sonnenblumen spekulativ von den bulgarischen Produzenten in den Lagern gehalten, was in den letzten Monaten aufgrund des Mangels an Rohstoffen dazu geführt hat, dass die gesamte verarbeitende Industrie ihre Produktionskapazitäten drosseln oder die Arbeit gänzlich einstellen musste.

Die bulgarischen Landwirte stehen aufgrund einer Reihe von Herausforderungen unter enormem Druck, behauptet seinerseits der Vorsitzende des Nationalen Verbands der Getreideproduzenten, Ilija Prodanow. Ihm zufolge führen die hohen Produktionskosten und der niedrige Einkaufspreis einerseits sowie die sich verschlechternden klimatischen Bedingungen andererseits zu einem Ertragsrückgang. Daher ist er sich sicher, dass „die Beendigung des Einfuhrverbots für die vier Agrargüter Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumen aus der Ukraine eine inakzeptable Option ist.“

Die Spannungen zwischen Sonnenblumenanbauern und -verarbeitern begannen letztes Jahr, als die Importe von ukrainischem Getreide begannen, die Preise der lokalen Produktion zu unterbieten. Infolgedessen sind mehr als 600.000 Tonnen einheimischer Sonnenblumen aus der letztjährigen Ernte immer noch unverkauft und liegen in den Lagern der Getreideproduzenten, obwohl Bulgarien in Brüssel die Erlaubnis erhalten hat, Sonnenblumenimporte aus der Ukraine bis zum 15. September dieses Jahres zu verbieten. Von dem Verbot waren Sonnenblumenverarbeiter betroffen, die erklärten, dass sie ihre Anlagen wegen Rohstoffknappheit schließen müssten. Laut dem Vorsitzenden des Verbands der Hersteller von Pflanzenölen und ÖlproduktenJane Janew ist das Problem jedoch ein anderes:

„Sonnenblumen sind in ausreichender Menge vorhanden. Problematisch sind derzeit die auf dem Markt angebotenen Preise, die unter den Produktionskosten der Sonnenblumen, wie uns die Landwirte mitteilen. Sie warten auf einen erträglicheren Preis und das ist ihr gutes Recht.“

Damit die Branche überleben kann, sollte laut Janewberücksichtigt werden, was in der Welt passiert:

„Die Preise auf ausländischen Märkten spiegeln stark die Preise für Sonnenblumen und Sonnenblumenöl in unserem Land wider. Von den etwa 2 Millionen Tonnen Sonnenblumen, die in unserem Land produziert werden, beträgt der Inlandsverbrauch etwa 250.000 Tonnen, alles andere bleibt für den Export übrig.“

Was die Herkunft der Sonnenblumen und die Preise angeht, zu denen sie verarbeitet werden könnten, ist sich Janew sicher:

„Wir verlassen uns hauptsächlich auf bulgarische Sonnenblumen und bieten Preise an, zu denen wir diesen Rohstoff verarbeiten und Produkte exportieren können. Derzeit liegen die Preise, die auf dem bulgarischen Markt angeboten werden könnten, bei etwa 770 Lewa+/- 10 Prozent pro Tonne. Alles ist sehr dynamisch.“

„Wir müssen uns alle an den Markt anpassen“, sagte Getreideproduzent Angel Wukodinow. Er wies jedoch auf das Gesamtbbild in der Branche im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Ölen hin:

„Der Markt ist ziemlich monopolisiert und die großen Strukturen versuchen, den Markt zu lenken. Er besteht aus mehreren Verarbeitungsunternehmen, die große Umsätze machen. Ich habe versucht, den Wert des Umsatzes für zwei von ihnen, die an einigen der ersten Plätze liegen,zu überprüfen. In den letzten vier Jahren ist der Umsatz des einen von 500 Millionen auf 1,5 Milliarden Lewagestiegen, der des anderen von über 300 Millionen auf über 600 Millionen Lewa. Das heißt, sie haben mehr Umsatz als der Wert der produzierten Sonnenblumen.“

Zusammengestellt: Ioan Kolew

Übersetzung: Antonia Iliewa

Redaktion: Rossiza Radulowa

Fotos: BTA, BGNES



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