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Bulgarien spielt die Rolle eines aktiven Energievermittlers zwischen Russland, den USA und der EU

Bulgarien befindet sich im Mittelpunkt des großen geopolitischen Kräftemessens zwischen Russland einerseits und den USA und der EU andererseits und versucht in dieser komplizierten Situation die eigenen Interessen zu vertreten. So beschreibt die Energiefachfrau Professor Nina Dülgerowa die Beteiligung Bulgariens an den großen Energieprojekten. Trotz des heißen Sommers hören die Verhandlungen nicht auf.

Alle drei russisch-europäischen Projekte mit bulgarischer Beteiligung werden verwirklicht, meint Professor Nina Dülgerowa. Trotzdem wird die Energieabhängigkeit Sofias von Moskau bleiben, weil unser Land rund 75 Prozent der primären Energierohstoffe, wie Erdöl, Erdgas, Kernbrennstoff und Kohle aus Russland importiert. Dennoch ist ein Prozess der Überwindung dieser Abhängigkeit mit dem Aufbau von zweiseitigen Beziehungen bei der Erdgaslieferung aus Griechenland, der Türkei und Rumänien angelegt, die die Lieferungen für Bulgarien diversifizieren werden. Andererseits setzt man auf die drei eigenen Erdgasvorkommen in der Nähe des Schwarzen Meeres, mit einem Umfang von geschätzten 3 Milliarden Kubikmetern.
Wie sind die Aussichten der Erdgaspipeline „Südstrom“ , die über bulgarisches Gebiet verlaufen soll?
„Sie wird es geben, weil es Erdgas gibt und es politisch, wirtschaftlich und finanziell verhandelt wurde“, meint Professor Dülgerowa. Sie wird über eine Trasse verlaufen, die von „Gasprom“ bestimmt und nicht mit den Transitländer verhandelt wurde. Da die Trasse in Russland startet, wird sie so verlaufen, wie es Russland passt.“
Im Juli und August gingen die Verhandlungen mit Russland und Serbien über den Bau des zweiten bulgarischen Atomkraftwerkes Belene weiter. Es wurde errechnet, dass es rund 6 Milliarden Euro kosten wird und Serbien zeigte sich bereit sich mit 5 Prozent am Projekt zu beteiligen.
„Das Atomkraftwerk Belene wird gebaut, da sein wirtschaftlicher Wert dem politischen gleich kommt“, behauptet Professor Dülgerowa. „Es ist Teil der Strategie der führenden Atomstaaten in Europa und Russland zur Stärkung ihrer Stellung auf dem atomaren Gebiet. Das neue Kernkraftwerk stellt den führenden Platz Bulgariens als Energiezentrum auf dem Balkan wieder her, das Mazedonien, Griechenland und Serbien beliefert. Der politische Preis des Atomkraftwerkes Belene wird auch durch die Tatsache bestimmt, dass es sich um eine Art Kontrapunkt zum vorgesehenen russisch-türkischen Bau und Nutzung eines Atomkraftwerkes in der Süd-Türkei im Wert von 20 Milliarden Euro handelt.
Auch das dritte große Energieprojekt – die Erdölpipeline Burgas-Alexandroupolis ist laut Professor Nina Dülgerowa dabei verwirklicht zu werden. „Sie wird es geben, weil es ein Projekt ist, an dem sowohl Griechenland als auch Russland beteiligt sind, und weil sie für Europa als ganzes von Nutzen ist“, meint sie und weiter:
„Alles ist mit dem Areal vom Schwarzen und Kaspischem Meer verbunden“, erklärt Professor Dülgerowa. „Die Erdölpipeline konkurriert die Türkei, die ihr eigenen Samsun-Ceyhan-Projekt hat von China , dass den Erdölstrom von Sibirien und dem Kaspischen Meer zu seinem Binnenmarkt umleiten möchte, von Georgien, das maximal das türkische Rohr nutzen will, sowie von amerikanischen Unternehmen, die eine Erdölraffinerie bei uns besitzen. Das sind Prozesse – Teil eines großen Spieles. Wir dürfen uns keine Illusionen machen, aber Bulgarien ist gegenwärtig im Mittelpunkt des großen geopolitischen Kräftemessens zwischen Russland einerseits und den USA und der EU und ist Teil dieses Spiels.“
Jedes dieser Projekte ist sowohl mit Finanzströmen, sowie mit langfristiger politischer und diplomatischer Strategie verbunden.
„Bulgarien ist der aktivste Vermittler zwischen Europa und dem Osten – nicht nur Russland, aber auch der Kaukasus und Mittelasien, wo die wichtigsten Erdöl- und Erdgasquellen sind“, unterstreicht Professor Nina Dülgerowa. „Die Europäische Union kann gegenwärtig keine großen Erfolge dort vorweisen, während die bulgarischen Botschafter, wie das Außenministerium, weiter aktiv mit diesen Schlüsselstaaten arbeiten, die 35 Prozent der Energielieferung für Europa garantieren.“

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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