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Neues Jahr – neues Glück

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"Neues Jahr – neues Glück". So begrüßen sich die Bulgaren in der Silvesternacht, in dieser längsten Nacht des Jahres.
Unter den Klängen von Volksliedern wünschen die Kinder um Mitternacht mit ihren bunten Neujahrsruten Glück und viel Erfolg im neuen Jahr. Auch heute noch bastelt man hierzulande Neujahrsruten von Stängeln der Kornelkirsche, die mit selbstgebackenen Brezeln und buntem Papierschmuck verziert werden. Dieser Brauch ist meist zur Freude der Kinder, die ihre Eltern und Großeltern begrüßen und singen. Die Kornelkirsche symbolisiert die Gesundheit, denn die Stängeln dieses Baumes sind besonders zähe und widerstandsfähig.

Blicken wir weiter zurück in die Folkloretraditionen. Glück und Gesundheit im neuen Jahr wünschten mit der Neujahrsrute auch Junggesellen – sie zogen durch die Häuser im Dorf, wo unverheiratete Mädchen wohnen. Die Junggesellen trugen auch die für die Hochzeit typischen Trachten. Die gesamte Vorbereitung ähnelte der Hochzeitsrituale. Im Haus des Mädchens fand eine Art Wettsingen statt.

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Die Surwakari – die Kinder und die jungen Männer, die zum Neujahr Glück- und Gesundheitswünsche bringen, zogen nicht nur in der Sivesternacht durch die Häuser, sondern auch in der Zeit zwischen Weihnachten und Ivanov-Tag am 7. Januar. Diese Tage werden auch noch "schmutzige Tage" genannt, denn dies sei die Zeit der dämonischen Kräfte, als Christus geboren, aber noch nicht getauft worden war. Die heilige Taufe findet am Johannistag am 6. Januar. In den verschiedenen Landesteilen sind verschiedene Ritten verbreitet. Was sie alle gemein haben, ist die Andeutung auf eine Hochzeit, auf einen neuen Anfang.

Bis heute noch teilt der Volkskalender hierzulande die Neujahrsfeste in drei Höhepunkte ein – die Geburt Christi am 25. Dezember, also Weihnachten, die Namensgebung Jesu am 1. Januar und die heilige Taufe am Johannistag am 6. Januar. Dementsprechend feiert auch die orthodoxe Kirche, obwohl die meisten Ritten aus der vorchristlichen Zeit stammen. Die orthodoxe Kirche in Bulgarien hat aber diese Feste übernommen.

Die Festtafel an allen Tagen zwischen Weihnachten und Johannistag wurde vom Familievater geweihräuchert; deshalb nennt man die Abende auch noch "Weihabende". Die alten Bulgaren glaubten, dadurch die dunklen Mächte im neuen Jahr abzuschrecken, denn sie scheuen den Weihrauch. Auf dem Tisch in der Sivesternacht dürfen drei Dinge nicht fehlen – selbstgebackenes Brot, Schweinefleisch und der typische bulgarische Käsekuchen, Baniza, mit Glückslosen.

Erst nach dem Abendessen folgten die Glück- und Gesundheitswünsche mit der Neujahrsrute, über die wir zu Beginn unserer Sendung erzählten. Die jungen Männer warteten bis zum Sonnenaufgang, um loszuziehen. In den Häusern, wo sie als willkommene Gäste erwartet waren, beschenkte man sie mit selbstgebackenen Brezeln, trockenen Früchten, Würstchen, Popcorn und man schenkte ihnen Silbermünzen.

снимка: rakiq.comViele der Traditionen von damals werden bis heute noch gepflegt. So zum Beispiel gehört zu allen Festen der Bulgaren der Rakia. Am besten sogar selbstgebrannt. Der Rakia ist der bulgarische Schnaps, der von der Festtafel der Bulgaren nicht wegzudenken ist. Jede große Familie in Bulgarien hütet ein eigenes Familienrezept für seine Zubereitung – meistens aus Trauben, aber oft auch aus Pflaumen, Birnen und Pfirsichen, ja sogar aus Rosen.
Zum Schnaps, den die Bulgaren als Aperitif zu sich nehmen, gehört auch der Salat – am besten Schopska-Salat aus frischen Tomaten, Gurken, Paprikaschoten, Zwiebeln und geriebenem Schafskäse. Im Winter bevorzugt man aber eingelegtes Wintergemüse und Sauerkraut. Wenn draußen kalt ist, darf der Rakia gern auch warm sein. Wie genau der eigene Schnaps gebrannt wird, verrät uns die 98-jährige Oma Radka Stanewa:

"Am wichtigsten sind die Trauben – gut gereift und süß. Am besten nimmt man verschiedene Traubensorten – Pamid, Mawrud, Misket u.a. Manche brennen ihren Rakia aus Pflaumen, mir schmeckt aber nur der Traubenschnaps. Der ausgepresste Traubensaft wird gekocht und bei der Destillation entsteht der Zaubertrank. Man darf keinesfalls Zucker dazugeben. Bei uns im Dorf geben manche Kräuter dazu, aber man muss damit aufpassen, dass sie nicht den echten Geschmack verderben. Und im Winter trinken wir Glüh-Schnaps. Der Rakia wird einfach warm gemacht, dazu gebe ich gern etwas Honig dazu und fertig ist der Glüh-Schnaps."

Wenn der Rakia im Dorf gebrannt wird, veranstaltet man ein Riesenfest. Es geht so feucht-fröhlich zu, dass viele Ausländer vom selbstgebrannten Schnaps sofort begeistert sind. Michael Weevers, der seit mehreren Jahren in einem malerischen Dorf bei Sliwen lebt, hat jahrelang geübt, um in diesem Jahr den besten Schnaps im Dorf zu brennen.

Die Tradition, Rakia zu brennen, besteht in Bulgarien seit vielen Jahrhunderten. Die Mönche im Georgskloster bei Trojan im Balkangebirge rühmen sich mit dem wohl besten Pflaumenschnaps. Niemand außer ihnen kennt das genaue Rezept. Man weiß nur, dass es aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammt und dass der Schnaps mit mindestens 12 Kräutern in riesigen Eichenfässern gekeltert wird.

Noch mehr Kräutern, genau 33 an der Zahl, wie die Jahre von Jesus Christus, werden in den Pflaumenschnaps der Mönche im Gloschen-Kloster eingelegt. Seit 1235 wird in diesem malerisch gelegenen Kloster im Balkangebirge Rakia gebrannt. Die Eichenfässer werden ebenfalls von den Mönchen in mühsamer Handarbeit angefertigt. Erst nach 12 Jahren in den Fässern darf der Pflaumenschnaps der Gloschene-Mönche verkostet werden.

Ob mit Schnaps oder Wein oder Sekt – lassen Sie uns auf ein gutes, gesundes und glückliches neues Jahr anstoßen!
Kommen Sie gut ins neue Jahr, liebe Freunde!

Zusammengestellt von: Vessela Vladkova


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