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Heim und Freizeit: Korbwaren

Foto: de.wikipedia.org
Die Erntezeit ist mittlerweile vorbei und nun gönnen sich die Menschen wieder das eine oder andere Fest. Schließlich ist der Weizen sicher gelagert und das Stroh liegt entweder in den Scheunen oder aber es fault auf dem Acker vor sich hin. Dabei kann man es nicht nur als Viehfutter verwenden, sondern wunderschöne Zier- und Gebrauchsgegenstände daraus fertigen. Über die Kunst, praktische Gegenstände aus Stroh, Weide und anderen Rohstoffen zu flechten, soll es in unserer heutigen Sendung gehen.

Kunstvoll gefertigt sind sie nämlich nicht nur praktisch und preiswert, sondern verleihen jedem Heim Gemütlichkeit und Eleganz in einem. In Bulgarien setzt sich in den letzten Jahren der Trend durch, dass immer mehr Menschen sich an die natürlichen Materialien erinnern und ihre Häuser gern mit Holz oder Kork verkleiden, Marmor oder Granit für den Fußboden, Baumwolle und Leinen für Tischdecken und Bettzeug verwenden und in traditionellem bulgarischem Keramikgeschirr kochen und speisen. Schmucke geflochtene Obstschalen, Blumen-Übertöpfe, Weinkörbe und Zeitungsständer, sowie leichte und elegante Korbmöbel geben dem Heim ein wunderbares Flair und vereinen Tradition und Moderne. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass schicke Korbmöbel nicht nur in den Gärten anzutreffen sind, sondern auch in unseren Wohnzimmern Einzug halten. Elegante geflochtene Tische und Stühle, Truhen und Regale, Trennwände, Blumenständer, Steh- und Hängelampen etc. vermitteln ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit und lassen uns zugleich an Ferien und sonnige Hotelterrassen am Strand denken. Oder etwa nicht?

Das Flechten von Korbwaren ist ein altes Handwerk, das bereits unsere Vorfahren weltweit beherrscht haben. Es reicht sehr weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Korb- und Strohwaren gehören zu den ältesten Gebrauchsgegenständen. In ihrer historischen Entwicklung stehen sie neben den Tongefäßen oder gehen ihnen sogar zeitlich voraus. Schließlich konnten die Menschen das Material dafür direkt in der Natur finden und brauchten nur etwas Fantasie und Fingerfertigkeit, um die nötigen Körbe selbst zu flechten und so den Eigenbedarf zu decken. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass Korbwaren und andere Geflechte eine wichtige Rolle im täglichen Leben der Menschen spielten und das schon seit der Neusteinzeit. Die wohl bekannteste und am häufigsten verwendete Pflanze ist die Weide. Wissen Sie, liebe Hörer, dass sie bis zu 500 verschiedenen Arten und Unterarten hat? Weiden gedeihen bekanntlich gerne in der Nähe von Wasser, also an Flüssen und Seen. Die meisten Arten entwickeln sich zu mehr oder weniger großen Sträuchern, einige wachsen aber auch zu Bäumen heran. Viele Strauchweiden entwickeln im Sommer lange, biegsame Triebe, die bis zum Herbst verholzen. Und eben diese Ruten werden dann zum Korbflechten verwendet. Sie werden im Herbst abgeschnitten, nachdem das Laub abgefallen ist. Dann werden die Weidenruten den Winter über getrocknet und können im nächsten Jahr verarbeitet werden. Neben den Weiden können zahlreiche andere Rohstoffe verwendet werden wie Seegras, Schilf und Binse, die vor allem für Matten, Hüte oder Stuhlgeflechte genutzt werden. In Bulgarien werden unterschiedliche Korbwaren auch aus Haselnussruten geflochten. Unsere Landsleute haben es aber auch gelernt, Maisblätter zu widerstandfähigen Strohmatten zu verarbeiten, mit denen sie den Fußboden auslegen.

Beim Begriff Korbwaren denkt man nicht zufällig zuerst an Körbe. Schließlich finden sie die größte Anwendung, denn sie sind zum Transport und zur Aufbewahrung bestens geeignet. Und das wussten die Menschen seit je her zu schätzen. Die ältesten Korbwaren stammen aus Mesopotamien und dem alten Ägypten. Das trockene Klima dort hat sie hervorragend konserviert. Das ist aber eher die Ausnahme, denn normalerweise verfaulen die Flechtwaren und so sind uns nur wenige authentische Funde erhalten geblieben. Aus den Abbildungen wissen die Wissenschaftler jedoch, dass gerade bei römischen Frauen Korbstühle sehr beliebt waren. Außerdem wurden in der Antike die Weinernte in Tragekörben transportiert. Korbwaren spielten aber nicht nur beim Weinbau, sondern auch bei der Getreideernte eine große Rolle, denn das Getreide wurde in einer Korbschwinge von der Spreu gereinigt. Auch Bienenkörbe wurden aus Weiden, Pfriemgras oder Rinden geflochten. In Bulgarien gibt es übrigens bis auf den heutigen Tag solche kegelförmigen Bienenkörbe, die vor allem in den Gebirgen anzutreffen und ziemlich wetterfest sind. Auch Flaschenkörbe wurden und werden auch jetzt zur Ummantelung von Glasflaschen gebraucht. Zu sozialistischen Zeiten übrigens frönte man in Bulgarien der Chemie, indem man unter anderem solche Flaschenkörbe aus grell gefärbten Kunstfasern flocht – natürlich standen sie dem natürlichem Rohstoff in Schönheit und Verlässlichkeit bei weitem nach.

Mit der Zeit ist das schöne Handwerk des Korbflechtens in unserem Land in Vergessenheit geraten. Nur wenige Meister in Bulgarien können heutzutage die so beliebten Korbwaren flechten. Einerseits ist das jammerschade, andererseits aber auch verständlich, denn man muss viel Zeit und Geduld in dieses Handwerk investieren. Schließlich müssen die Meister das Rohmaterial zuerst finden, nach Hause befördern, entrinden, auf die richtige Länge zuschneiden, reinigen und hobeln. Um das Brechen der Ruten beim Flechten zu verhindern, ist es ihre Aufgabe, diese zu wässern, zu kochen und anschließend zu trocknen. Erst dann können sie sich an die Arbeit machen. Sie fertigen zunächst den Korbboden, von dem aus sie den Korb nach oben flechten. Anschließend montieren sie den so genannten Kranz, den Korbabschluss sowie Griffe und Henkel. Im letzten Arbeitsschritt veredeln sie die Korbware, indem sie sie je nach Kundenwunsch und Verwendungszweck beizen, wachsen, färben oder lackieren. Wie Sie sehen, ist das eine aufwendige Arbeit.

Um dem schönen Handwerk des Korbflechtens wieder zu neuem Leben zu verhelfen, werden in Bulgarien in letzter Zeit verschiedene Kurse für Kinder und Arbeitslose organisiert. Auch an die Zigeuner wurde gedacht, denn sie beherrschten von alters her die Kunst des Korbflechtens. Tatsächlich sind die Roma in diesen Tätigkeiten sehr gewandt. Es ist übrigens kein seltener Anblick, selbst in Sofia einen zähen Zigeuner anzutreffen, der mit geflochtenen Kaffeetischchen, Blumenständern, Wäsche- und Katzenkörben beladen durch die Straßen wandelt und seine Erzeugnisse feilbietet. Auf diese Art habe ich mir meinen Wäschekorb zugelegt und neuerdings auch einen Katzenkorb, in dem meine beiden Katzen gern ein Nickerchen halten.
Zugegebenerweise werden aber die meisten Korb- und Strohwaren auf unserem Markt nicht von heimischen Meistern gefertigt, sondern importiert und zwar hauptsächlich aus Indien, Thailand und Indonesien. Dort verwendet man übrigens Rattan für deren Fertigung. Rattan ist ein lilienartiges Palmengewächs, das sich unter Wasserdampf hervorragend biegen und zu Möbelgestellen verarbeiten lässt. Egal aus welchem Material Korbwaren aber gemacht sind, sie sind ein wahrer Augenschmaus und sorgen für Behaglichkeit und Entspannung. Und da uns kalte und trübe Wintertage bevorstehen, kann ich Ihnen an dieser Stelle nur empfehlen, sich nach schönen und praktischen Zier- und Gebrauchsgegenständen aus Stroh, Weide, Rattan etc. umzuschauen und zuzugreifen, ohne lange zu überlegen.

Zum Schluss unserer heutigen Sendung schnell noch ein Tipp für die Reinigung von Korbwaren: Um den Schmutz zu entfernen, verwendet man bei leichter Verschmutzung Salzwasser oder eine Seifenlauge, bei stärkeren Verunreinigungen am besten eine Ammoniaklösung. Geben Sie 100 Milliliter zehnprozentige Ammoniaklösung auf acht Liter Wasser. Korbwaren sind mit einer Scheuerbürste und der jeweiligen Lösung zu bearbeiten. Danach müssen sie gründlich abgespült und sorgfältig trockengerieben werden. Gelegentliches Abreiben mit Zitronenöl verhindert das Austrocknen der Weide. Und noch etwas: Über den Winter sollten Sie Weidenmöbel nicht in völlig trockenen Räumen aufbewahren. Weide braucht Feuchtigkeit, damit sie geschmeidig bleibt. Sind die Naturfasern zu trocken, kann es vorkommen, dass Korbmöbel zu knarren beginnen. In der Regel genügt es, sie einfach abzuwaschen. Sollte das jedoch nicht helfen, können die knarrenden Stellen mit Paraffin oder Vaseline eingerieben werden.

Um die Sendung zu hören, klicken Sie bitte auf den Titel neben dem Audiosymbol.
По публикацията работи: Rossiza Radulowa


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