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Banken, Verbraucher, Rechte

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In Bulgarien wurden bereits die ersten Banken sanktioniert, die die Kunden mit unlauteren Informationen in die Irre führen. Massenhaft sind die wichtigsten Informationen im Kleingedruckten vermerkt. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Billboards, die Kunden Niedrigzinsen versprechen, jedoch die Information vorenthalten, dass diese nur für einen bestimmten Zeitraum gelten. Der Kampf um die Einlagen der Bürger spitzt sich zu, besonders in Krisenzeiten, was die Banken zu jeglichen Marketingtricks veranlasst. Auch aus diesem Grund mehrt sich die Zahl der Beschwerden über Finanzdienstleistungen, die bei der Kommission für Verbraucherschutz eingehen. Allein in diesem Jahr beläuft sich deren Zahl bereits auf 60, wogegen es im gesamten Vorjahr insgesamt 68 waren. Trotz allem ist der Zahl der Beschwerden über Finanzdienstleistungen im Vergleich zur Zahl der Anzeigen im Waren- und Dienstleistungsbereich relativ gering.

Laut Verbraucherschutzkommission versäumen viele Kunden bei der Kreditaufnahme, das Kleingedruckte zu lesen. Das belegen die Ergebnisse einer Internet-Umfrage über die Finanzdienstleistungen in Bulgarien. Mehr als die Hälfte der Befragten wussten nicht, was effektiver Jahreszinssatz bedeutet. Auch waren sie sich nicht darüber im Klaren, dass sie bis zu 14 Tagen nach Unterzeichnung des Kreditvertrages von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen können, ohne dafür Gründe angeben zu müssen. Aufgrund von Klauseln zum Nachteil der Verbraucher will die Verbraucherschutzkommission gegen eine Bank eine Kollektivklage erheben. Dabei geht es darum, dass Kreditnehmer von Hypothekendarlehen nicht über die Anhebung der Zinsen benachrichtigt werden, so die Möglichkeit einer Prüfung entfällt und ihre Schulden bei der Bank weiter steigen. Wesselin Zlatew, Chef der Verbraucherschutzkommission, führt ein weiteres Beispiel an:

"Wenn ein Verbraucher mit einer oder zwei Raten in Verzug ist, berechnet ihm die Bank Zinsen für die gesamte Restschuld – erklärt Wesselin Zlatew. – Wenn ich bei einem Darlehen mit 60-monatiger Laufzeit beispielsweise mit der 31. und 32. Rate in Verzug gerate, muss ich für die restlichen 28 oder 29 Monatsraten Zinsen bezahlen, die zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht fällig sind. Deren Fälligkeit tritt beispielsweise erst nach dem dritten oder vierten Jahr ein. Allerdings hat sich herausgestellt, dass den Banken in diesem Fall die wirtschaftlichen Interessen der Kreditnehmer egal sind. Es ist vollkommen normal, dass wir als Kreditnehmer das Recht haben, über unsere monatlichen Zahlungsverpflichtungen informiert zu werden, wenn diese beispielsweise die von uns kalkulierte Tilgungssumme um 2, 3 oder 4 Prozent übersteigen. In einer Normalwirtschaft ist diese Art der Kommunikation seitens der Banken unmoralisch."

Die Empörung des Chefs der Verbraucherschutzkommission ist berechtigt, da in den restlichen EU-Staaten derartige Probleme längst gelöst sind. Dieses, so Wesselin Zlatew, sei sowohl auf die Verbraucherkultur als auch auf die Bankenkultur in diesen Ländern zurückzuführen. Die gleichen Finanzinstitute sind jedoch auch in Bulgarien tätig. Warum fahren die Banken im In- und Ausland zweigleisig?

"Offensichtlich liegt das an der konkreten Politik der Bank, die ihren Sitz beispielsweise in Österreich oder in Deutschland hat – meint Wesselin Zlatew. – Möglicherweise unterliegt das Management unserer Banken den Anweisungen der Mutterbanken, die mehr als 50 Prozent der Anteile halten. Möglicherweise gibt es gewisse Versäumnisse in unserer Gesetzgebung, die korrigiert werden müssen, da Gesetzesnovellen nicht dazu da sind, Vorhaben und Wünsche zu formulieren, sondern die Rechte der Verbraucher gewährleisten müssen."
"Die Tatsache, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Zinssätzen der Banken an ihrem Sitz im Mutterland und in Bulgarien gibt, ist ein Zeichen dafür, dass ein Teil ihrer Kreditressourcen in der Tat in den Einlagensicherungsfonds der Bulgarischen Zentralbank fließt“, sagt der Chef der Verbraucherschutzkommission Wesselin Zlatew ferner. „Ein gewisser Teil fließt sicher in der ein oder anderen Form, möglicherweise als Gewinn an die Mutterbanken zurück."

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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