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Wieso muss Bulgarien heute selbst Tomaten importieren?

Foto: BGNES
In so manchem Donauland erinnert man sich bis heute noch an die Gärten der bulgarischen Gemüsebauern, die Anfang des 20. Jh. der Donau entlang gezogen sind. In ungarischen Chroniken ist zu lesen, dass die örtliche Bevölkerung von den Bulgaren die Kunst des Obst- und Gemüseanbaus gelernt haben. Schmackhafte Tomaten, Paprikaschoten, Äpfel und Birnen werden auch heute noch in Bulgarien angebaut, doch auf dem Markt sieht man sie kaum. Lediglich 20 Prozent der Nahrungsmitteln, die heute auf den Tisch der bulgarischen Familien kommen, stammen aus Bulgarien. Selbst Tomaten muss Bulgarien heute importieren, klagte unlängst Landwirtschaftsminister Dimiter Grekow. Nicht einmal Lauch und Äpfel werden ausreichend angebaut, um den Bedarf auf dem heimischen Markt zu decken. Wie kam es dazu?

Nach der politischen Wende von 1989 wurde der Boden an die Alteigentümer zurückgegeben, jedoch ohne eine langfristige Strategie für die Entwicklung der Landwirtschaft. Von den klar strukturierten Landwirtschaftsproduktionsgenossenschaften im Kommunismus ging Bulgarien zu zerstückelten und jahrelang brachliegenden Grundstücken über. Die neuen Eigentümer, die Jahrzehnte lang mit Obst- und Gemüseanbau nichts zu tun hatten, mussten plötzlich landwirtschaftliche Nutzflächen bewirtschaften. Hinzu kam die chronische Wirtschaftskrise, ausgenutzt von ausländischen Obst- und Gemüseproduzenten, die den bulgarischen Markt schnell erschlossen haben. Nicht einmal der EU-Beitritt änderte viel an der Lage – die vereinbarten EU-Subventionen für die Landwirte betragen immer noch rund die Hälfte der Fördermittel für die Agrarwirtschaft in den sog. „alten“ EU-Ländern. Außerdem begünstigt die Subventionierung nach Fläche die großen Bauernhöfe, von denen es in Bulgarien wegen des schwierigen Übergangs seit der Wende nur sehr wenige gibt. Erst in diesem Jahr beobachtet man einen leichten Wandel, der sich vermutlich mit der Neuverteilung der Fördergelder in der nächsten EU-Haushaltsperiode ab 2014 bestätigen wird.

Der Großteil der importierten Landwirtschaftsprodukte ist billiger, aber auch von schlechterer Qualität, behauptet Agrarminister Grekow. Daher überlegt man im Landwirtschaftsministerium nach einer neuen Regelung für die Importe von Obst und Gemüse. Es handele sich nicht um neue Zölle oder Quoten, sondern viel mehr um Maßnahmen, so dass wertvolle Produkte nach Bulgarien importiert werden. Außerdem plant das Agrarministerium, die heimischen Landwirte in einem elektronischen Register zu erfassen, um einen besseren Überblick über Mengen und Produkten zu bekommen. Das würde eventuell auch ermöglichen, dass Bulgarien wieder Obst und Gemüse exportiert. Das Register werde zudem helfen, gegen Betrug bei Importen vorzugehen, hofft Agrarminister Grekow.

Gleichzeitig beobachtet man in den letzten Jahren einen Trend im Kaufverhalten der Bulgaren – gesucht werden gezielt bulgarische Produkte. Der erste Markt für Obst und Gemüse nur aus heimischer Produktion ließ nicht lange auf sich warten – in Plowdiw wurde er auf dem Parkplatz einer großen ausländischen Supermarktkette eingerichtet, wo importiertes Obst und Gemüse zu Spottpreisen angeboten werden. Die Handelskette unterstützte das Projekt und stellte Bauern aus der Umgebung Verkaufsstände kostenlos zur Verfügung, so dass sie die überflüssigen Aufkäufer ihrer Produktion isolieren.

Das sind nur einige der Maßnahmen, die man unternehmen muss, um die Produktion von Obst und Gemüse in Bulgarien wieder anzukurbeln. Eine der wichtigsten Aufgaben bleibt nach wie vor die Flurbereinigung.

Übersetzung: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Maria Dimitrowa-Pichot


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