Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Arm und reich – die wachsende Kluft

Foto: Archiv

Laut einem Bericht der EU-Statistikbehörde Eurostat von 2012 hat Bulgarien den höchsten Anteil armer und armutsgefährdeter Menschen in der EU. Demnach sind in Bulgarien 43 Prozent armutsgefährdet, 22 Prozent leben trotz Sozialleistungen an der Armutsgrenze. Auf der anderen Seite stehen zwischen 10 und 15 Prozent der Bulgaren, die in einem selbst für EU-Verhältnisse beachtlichen Wohlstand leben.

Die Gutbetuchten in Bulgarien haben ihr dickes Konto nicht unbedingt mit schweißtreibender Arbeit gefüllt. Im Gegenteil – meistens handelt es sich um dubiose Wirtschaftsleute, die nicht ohne politische Unterstützung von der Privatisierung nach der Wende gut verdient haben. Es gibt auch Alteigentümer, die nach der politischen Wende Immobilien und Fabriken zurückbekommen haben und sich dadurch eine neue und bessere Existenz schufen. Zu den wohlhabenden Bulgaren gehört auch eine kleine Gruppe meist junger Menschen, die nach guter Ausbildung im Ausland entsprechend gut bezahlte Jobs in Bulgarien haben. Diese insgesamt 10 bis 15 Prozent besitzen laut Statistik 80 Prozent des Guthabens der Bulgaren. Und dieses Guthaben der Bulgaren beziffert die Statistik mit rund 75 Mrd. Euro, davon liegen 1,8 Mrd. Euro auf Bankkonten. Die Ersparnisse der Privathaushalte sind jedoch gar nicht so viel – auf drei Viertel der Sparkonten liegen kleine Summe von bis zu 500 Euro. Im Unterschied zu Europäern besitzen sehr viele Menschen, nämlich rund 90 Prozent, Wohneigentum. Der Wohnungskauf ist der häufigste Grund für die Aufnahme eines Bankkredits.

Der Großteil der Beschäftigten in Bulgarien sind Niedriglöhner – rund 600.000 Menschen in Bulgarien bekommen den gesetzlichen Mindestlohn von 170 Euro im Monat. Das zeigt zumindest die offizielle Statistik. Sie erfasst allerdings die Schattenwirtschaft nicht. Und jedes Kind in Bulgarien weiß, dass viele Beschäftigte einen Arbeitsvertrag für den gesetzlichen Mindestlohn abgeschlossen haben, oftmals aber die gleiche Summe unterm Tisch bar auf die Hand bekommen. So entgehen dem Staat, d.h. uns allen, Steuern, Renten-, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge. Aber nicht nur die Schattenwirtschaft plündert die Sozialkassen. Bulgarien hat nämlich hausgemachte Sozialschmarotzer, die ohne Schulabschluss sich selbst zur Langzeitarbeitslosigkeit verdammen und aus Sozialhilfe und Kindergeld leben. Hauptaugenmerk der bulgarischen Sozialpolitik sollte jedoch eine ganz andere Gruppe werden. Gemeint sind die sog. „working poor“. Das sind Beschäftigte, die wegen niedriger Löhne nur ihre Existenz sichern können. Die Arbeitgeber begründen die niedrigen Einkommen mit der niedrigen Produktivität. Die Gewerkschaften sehen es naturgemäß anders.

Redaktion: Vessela Vladkova



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Das Gemälde  „Im Schutz der Einheit“

Bulgarische Beteiligung an internationaler Ausstellung über Menschenrechte und Menschenwürde in Italien

Vom 8. Juni bis zum 9. Oktober findet in der italienischen Stadt Rovereto die internationale Ausstellung „Menschenrechte und Menschenwürde“ statt. Die diesjährige 18. Ausgabe der Ausstellung zeigt thematische Werke von Künstlern aus 32 Ländern, darunter..

veröffentlicht am 08.06.24 um 07:30

Ziegen helfen den Wäldern - eine Innovation in der Waldbrandprävention

Die Zahl der Brände in Bulgarien nimmt zu. Nach Angaben der Forstbehörde gab es 448 Waldbrände im vergangenen Jahr, bei denen fast 7.000 Hektar Wald verbrannt sind. Das Problem ist ernst, sagt Dozent Georgi Kostow, Lehrkraft an der Universität für..

veröffentlicht am 05.06.24 um 12:30

Ursula von der Leyen besuchte Plowdiw und zitierte Christo Botew

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat sich im Antiken Theater in Plowdiw mit Einwohnern der Stadt Plowdiw getroffen. Der Besuch, der am Sonntag stattfand, ist Teil der Reisen der Spitzenkandidaten für den nächsten..

veröffentlicht am 03.06.24 um 14:34