Christi Himmelfahrt ist ein Fest, das in Bulgarien als „Tag des Erlösers“ gefeiert wird. Im bulgarischen Volksglauben heißt es, dass sich an diesem Tag der Himmel öffne. Die Bauern ihrerseits erwarteten vor allem einen segnenden Regen, damit das Korn auf den Feldern nicht eingeht und es eine reiche Ernte gibt. Überhaupt haben unsere Vorfahren an solchen Festen weniger an den religiösen Hintergrund gedacht und sich sogar eigene Geschichten ausgedacht. So wird zu Christi Himmelfahrt ein Heiliger geehrt, den es eigentlich nicht gibt. Er trägt den Namen „Spas“, der sich von „Spasenie“ –in Übersetzung „Erlösung“ ableitet. Dieser Heilige reite wie der heilige Georg auf einem Pferd, das er an seinem Festtag in aller Frühe beschlage, um die Felder zu umrunden.
Christi Himmelfahrt ist der Tag, an dem Jesus Christus als Sohn Gottes zu seinem Vater in den Himmel zurückgekehrt. Unsere Vorfahren glaubten also, dass Gott an diesem Tag die Seelen wider zu sich rufe, die er am Gründonnerstag auf die Erde gelassen habe. Und so war Christi Himmelfahrt ein Tag für Friedhofsbesuche. Die Frauen bereiteten eine Reihe von Speisen zu, die man als Gabe für die Toten an den Gräbern lässt. Der Jahreszeit entsprechend mussten darunter unbedingt auch Kirschen sein - die ersten im Jahr. Man glaubte, dass die Toten vor ihrer Rückkehr ins Jenseits davon kosten würden. Falls ihre Verwandten sie vergessen haben sollten, würden sie sich mit einer Hand voll Erde begnügen.
Zu den Blumen, die in der Zeit um Christi Himmelfahrt eine Bedeutung hatten, gehört der Diptam, auch Aschwurz genannt. Er wurde bereits im Altertum als Heilpflanze genutzt, wurde aber von unseren Vorfahren eher wegen seinen schönen Blüten und dem Aroma, das ihnen entströmt, als Gartenpflanze gezogen. Der Blütenduft, der an Vanille und Zitrone erinnert, würde die feenhaften übernatürlichen Geschöpfe besänftigen, die einmal im Jahr zur Erde herabsteigen würden, um die Wiesen und Felder mit Tau zu benetzen. Daher heißt der Diptam auf Bulgarisch „Róssen“, abgeleitet von „Rossá“ – zu Deutsch „Tau“. Der Diptam galt als Lieblingsblume der Feen. Und so wandten die Mädchen zu Christi Himmelfahrt aus dem Diptam Kränzchen, die sie sich auf den Kopf setzten.
Der Diptam enthält verschiedene Gift- und Reizstoffe, die aber auch zu Heilzwecken verwendet wurden. Doch diese Pflanze hat die Phantasie unserer Vorfahren nicht damit angeregt, sondern mit einem Gas, das in der Blütezeit abgegebenen wird und das wir heute mit Isopren bezeichnen. Es ist schwerer als Luft und brennbar. An windstillen Tagen kann man es unmittelbar unter der Blütenspitze anzünden. Das Feuer steigt die Blütenrispe empor und verlischt, ohne dabei der Pflanze Schaden zuzufügen. Das wurde als Beweis für die wundersamen Kräfte des Diptams angesehen. Man glaubte, dass das Übernachten inmitten von Diptampflanzen von verschiedenen Krankheiten und vor allem Kinderlosigkeit heilen solle. Den Feen selbst, die sich ebenfalls auf diesen Wiesen wegen des Diptams tummelten, mussten wiederum verschiedene Gaben gebracht werden – Hemden, Tücher, Strümpfe, wie aber auch Wein, Schnaps und Brathähnchen. Die Feen würden alle Heilkräuter kennen und alle Krankheiten heilen können. Falls man am anderen Morgen neben sich eine gepflückte Diptam-Blüte finden sollte, so galt das als sicheres Zeichen, dass sich die Feen der Heilung der Krankheit angenommen haben.
In der Woche zu Christi Himmelfahrt herrschte eine gehobene Stimmung. Selbst die Brote waren speziell mit verschiedenen Ornamenten und Figuren aus Teig geschmückt.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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