Die diesjährige Rosenernte in Bulgarien gleicht einer dramatischen Berg- und Talfahrt. Der milde Winter und das vorzeitige Frühjahr sind eigentlich die ideale Variante für eine kurze Erntekampagne und hochwertiges Rosenöl. Anfänglich lief auch alles nach Plan - doch dann machte das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Mitten in die Rosenernte platze eine Schlechtwetterfront mit häufigem Regen herein, der gegen Ende Mai immer heftiger wurde. All das zieht die Rosenernte in die Länge und wird vermutlich mindestens zehn Tage länger dauern als gewöhnlich. Die noch schlechtere Nachricht ist jedoch, dass sich die übermäßige Feuchtigkeit negativ auf die Qualität der Rosenblüten und folglich auf die Aufkaufpreise auswirkt.
Im Großen und Ganzen sei die Ernte recht ertragreich, erzählt uns Mano Manow, Bürgermeister des Dorfes Kliment im Rosental. Im Jahr 2000 hat die örtliche Kooperative "Bio Bulgaria Oil" die landesweit erste Destillerie für Rosenöl aus dem Bioanbau in Betrieb genommen. Fast jede Familie im Dorf hat einen Rosengarten und verdient sich damit ein zusätzliches Einkommen.
"Der Ertrag ist gut, allerdings könnte es sein, dass ein Teil der Knospen aufgrund der niedrigeren Temperaturen und der Feuchtigkeit nicht aufgeht", fügt Bürgermeister Manow hinzu. "Der Aufkaufpreis für Rosenblüten liegt umgerechnet 50 Cent unter dem Vorjahrespreis. Die großen Destillerien drücken den Preis nach unten. Die kleinen Unternehmen offerieren etwas mehr, weswegen wir in diesem Jahr ausschließlich an kleine Firmen verkaufen."
In den letzten fünf Jahren erzielte das bulgarische Rosenöl, das beste der Welt, Rekordpreise. Von 4.200 Euro für ein Kilogramm Rosenöl im Jahr 2009 stieg der Preis im Vorjahr auf 7.200 Euro. Das veranlasste viele Rosenbauern, ihre Anbauflächen zu erweitern. Allerdings werde der diesjährige Preisabfall den Enthusiasmus wohl etwas dämpfen, prognostiziert der Bürgermeister von Kliment.
Mit dem vorjährigen Rekordpreis für bulgarisches Rosenöl ist offensichtlich die Obergrenze erreicht. Nun zeichnet sich ein leichter Abwärtstrend ab. Ein Teil des "aromatischen Goldes", diversen Analysen zufolge ein Viertel, fand keinen Absatz. Deshalb fallen auch die diesjährigen Aufkaufpreise für Rosenblüten geringer aus. Rosenöl sei ein ausgesprochen langlebiges Produkt, fast wie Gold, behaupten die Fachleute. Bei den Rosenblüten ist genau das Gegenteil der Fall, was in schlechten Jahren dementsprechend zu Lasten der Rosenbauern geht.
Für Nikolina Uzunowa, Geschäftsführerin der Vereinigung für Ätherische Öle, Parfümerie und Kosmetik, ist der Weltmarkt für Rosenöl derzeit "recht sensibel". Auch habe die Rosenernte bei uns für Überraschungen gesorgt.
"Das Wetter ist feuchter als für eine optimale Rosenernte erforderlich", erklärt Nikolina Uzunowa. "Die starken Regenfälle haben die Ernte hinausgezogen und auch die Rosenblüten sind bereits recht feucht. Das wiederum wirkt sich negativ auf das Rendement aus, d.h. die erforderliche Menge Rosenblüten zur Herstellung von einem Kilogramm Rosenöl."
Was die Rosenölmenge betrifft, konkurrieren Bulgarien und die Türkei um den weltweiten Spitzenplatz. Ein Jahr hat Bulgarien die Nase vorn, ein anderes die Türkei. Was die Qualität dieses wertvollen und unersetzlichen Rohstoffs für die Parfümindustrie betrifft, sei das bulgarische Rosenöl unübertroffen, behauptet Nikolina Uzunowa. Es enthält eine ausgesprochen reiche Palette an knapp 300 Aromasubstanzen, was auf die spezifischen Klima- und Bodenbesonderheiten im Rosental bei Kasanlak zurückzuführen ist und nicht zuletzt auch auf die Jahrhunderte alten bulgarischen Traditionen in diesem Bereich.
"Das bulgarische Rosenöl verzeichnet nach wie vor die besten Qualitätseigenschaften und die größte Nachfrage und ist damit ein weltweiter Qualitätsmaßstab", ist Nikolina Uzunowa überzeugt.
Alljährlich exportiert Bulgarien zwischen 1,5 und 2 Tonnen vortreffliches Rosenöl, davon einen nicht unwesentlichen Anteil Bio-Rosenöl. Unser Hauptabnehmer ist Frankreich, das für exquisite Parfümerie steht. Auch exportieren wir in andere europäische Länder sowie in die Vereinigten Staaten, nach Australien, Japan und China. Besonders geschätzt wird das Rosenaroma in Asien, wo es außer in der Kosmetik und Parfümerie auch im Konditorgewerbe Anwendung findet.
"Asien ist ein unermesslicher Markt, der von immer mehr Unternehmen anvisiert wird. Auch was sein Interesse an ätherischen Ölen betrifft, ist dieser Markt unermesslich. Wir erhoffen uns auch dort solide Marktpositionen."
Übersetzung: Christine Christov
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