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Straßburg - neuer Anfang, neue Erwartungen

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Foto: BGNES

Das neu gewählte Europäische Parlament hat sich heute zu seiner ersten Tagung in Straßburg versammelt. Die 17 bulgarischen Abgeordneten gehören den Parlamentsfraktionen der Europäischen Volkspartei (EVP), der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D), den Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) sowie der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) an. Die erste Entscheidung des Parlaments war die Wahl seines Präsidenten. Gewählt wurde wie erwartet der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz. Die Stimmen für Schulz geben Aufschluss über die proeuropäische Mehrheit unter den Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen, die in den kommenden fünf Jahren gemeinsam für den Erhalt der europäischen Werte arbeiten wollen, kommentieren die Politologen Wladimir Schopow und Dr. Iwan Natschew für Radio Bulgarien.

"Dieses Parlament hat in der Tat mehrere grundlegenden Aufgaben zu bewältigen", erklärt Dr. Iwan Natschew. "Die erste Aufgabe ist die Wahl einer neuen Kommission. In diesem Sinne ist es besonders wichtig, ob ein Signal der Verständigung oder der Nichtverständigung gesendet wird, was die im Parlament vertretenen Euroskeptiker und Nationalisten für sich nutzen könnten. Dieses Parlament muss sich zudem Problemen verbunden mit dem gemeinschaftlichen Haushalt und einer eventuellen Erweiterung annehmen. Daher wird es bis zur Verteilung der Ämter und Einarbeitung der Kommission bedeutend mehr Einigungsversuche geben, als es in Vorgängerparlamenten der Fall war."

"Meiner Ansicht nach werden sich aus der unterschiedlichen Haltung dieses Europäischen Parlaments bedeutend interessantere Veränderungen ergeben als aus der neuen Besetzung", meint Wladimir Schopow. "Erstens versteht sich das Parlament als ein stärkerer Akteur im Gesamtsystem der europäischen Politik, wobei die künftige Wahl von Juncker zum Kommissionspräsidenten das beste Beispiel für diesen Prozess ist. Zweitens gibt es europäische Abgeordnete und Parteien, die gegenüber der Kommission und ihrem Initiativrecht bedeutend kritischer gegenüberstehen. Ich gehe davon aus, dass viele Gesetzesinitiativen vom Parlament abgelehnt werden."

Mitte Juli wird das Europäische Parlament nach den neuen Regeln gemäß Lissabonner Vertrag über die vom Europäischen Rat für das Amt des Kommissionspräsidenten vorgeschlagene Kandidatur abstimmen. Großbritannien und Ungarn sind gegen die Kandidatur. Jean-Claude Juncker war knapp 20 Jahre lang Ministerpräsident von Luxemburg. Acht Jahre lang stand er der Euro-Gruppe vor und zwar zu jener Zeit, als die gemeinschaftliche Währung und die gesamte Gemeinschaft ihre schwerste Krise durchlebten. Es gibt wohl kaum einen anderen, der sich so gut in der europäischen Politik auskennt. Auch kommt diese Kandidatur Bulgarien entgegen, da Juncker unserem Land gegenüber sehr positiv eingestellt ist. Er war stets für unseren EU-Beitritt, bereits seit 1990. Unter der Ratspräsidentschaft von Luxemburg wurde unser Beitrittsvertrag unterzeichnet. Auch unterstützte er die früheren Pläne Bulgariens zum Beitritt zur Eurozone und stand uns in der Schengen-Frage bei. In diesem Sinne erwartet Bulgarien vom nächsten Kommissionspräsidenten eine wohlgesonnene und aufgeschlossene Haltung.

"Meiner Ansicht nach können wir von Juncker eine gerechte Haltung erwarten, was für meine Begriffe ausreichend ist", erklärt Wladimir Schopow. "Diese kann bei einer verbindlichen Änderung des politischen Kurses von Bulgarien in Richtung schwerpunktmäßige Einführung des Euro ausgesprochen wichtig sein. Aufgrund einer Reihe von Kriterien spielt die Europäische Kommission dabei eine große Rolle. Wir erfüllen bereits einen Großteil dieser Kriterien. Für Herrn Juncker ist der Euro ein unumstößliches Projekt, wobei er uns sehr hilfreich sein kann."

"Im Falle seiner Wahl könnte er zur Stabilisierung der bulgarischen Wirtschaft beitragen", kommentiert Dr. Iwan Natschew. "Die Kommission verfügt über ausreichend Ressourcen und Instrumente zur Verwaltung der Mittel für die Mitgliedsstaaten. Bei dem Versuch, in Bulgarien eine Finanzkrise hervorzurufen, reagierte die Kommission als erste und genehmigte der bulgarischen Regierung sofort, den Banken des Landes unter die Arme zu greifen. Nicht, weil sie Hilfe brauchen, sondern weil es in genau dieser Situation wichtig ist, dass absolut alle Institutionen hinter dem Bankensystem stehen. Das gilt sowohl für Bulgarien als auch für alle anderen EU-Staaten. Da es allein in den Staaten der Eurozone über 5.000 Banken gibt, ist die  Integration der Banken, von einigen auch Bankenunion genannt, sehr wichtig, Diese sind mit anderen Nicht-Eurozonen-Staaten verbunden. Wir sind noch kein Mitglied der Eurozone, was jedoch ein hohes Maß an Stabilität sowie Transparenz und Sicherheit bedeutet. Als bulgarische Staatsbürger sollten wir die Möglichkeiten der Integration nicht unterschätzen. Vom künftigen Kommissionspräsidenten erwarten wir mehr Sorge um die europäischen Bürger, da die konservative Politik der Vorgängerkommission unter Barroso nicht die von uns allen erwarteten Ergebnisse gebracht hat."

Übersetzung: Christine Christov 




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