Der neue EU-Kommissionspräsident heißt erwartungsgemäß Jean-Claude Juncker. Für den früheren luxemburgischen Regierungschef stimmten in Straßburg 422 Abgeordnete, 250 votierten gegen ihn. Notwendig war eine Mehrheit der Mandate, also 376 Ja-Stimmen.
Für Bulgarien kam Junckers Wahl nicht nur erwartet, sondern wurde auch wohlwollend aufgenommen – er gilt als ein Befürworter der EU-Osterweiterung in beiden Etappen, also einschließlich um Bulgarien und Rumänien. Der Beitrittsvertrag Bulgariens wurde zudem in seiner Heimat Luxemburg unterzeichnet, als Juncker Ministerpräsident des Großherzogtums war. Daran erinnert sich auch die damalige Hauptverhandlungsführerin Bulgariens und spätere EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kunewa.
„Wir hatten damals zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen – entweder den Beitrittsvertrag am 25. April 2005 in Luxemburg am Rande der Außenministertagung zu unterzeichnen, oder das Gipfeltreffen abzuwarten“, erzählt Kunewa. „Wir haben uns für April in Luxemburg richtig entschieden, denn noch vor dem Gipfeltreffen im Juni hatten Frankreich und die Niederlande gegen die Europäische Verfassung gestimmt und die Stimmung hätte kippen können.“
In einem Interview für den Bulgarischen Rundfunk hatte Juncker erklärt, er könne sich die Europäische Union ohne Bulgarien nicht vorstellen. Darf man seiner positiven Haltung dem Land gegenüber überhaupt eine Bedeutung beimessen?
„Diese Haltung bedeutet keinesfalls eine privilegierte Behandlung Bulgariens“, sagt Meglena Kunewa. „Aber es ist durchaus von Bedeutung, ob die EU-Kommission von einem Politiker angeführt wird, der an der europäischen Solidarität glaubt und von der erweiterten EU überzeugt ist. Die proeuropäische Politik hat in den letzten Jahren viele Anhänger verloren und um so wichtiger ist, dass mit Juncker der europäische Gedanke einen Sieg feiert“, sagt die ehemalige bulgarische EU-Kommissarin.
Und die liberale Europaabgeordnete Feliz Hjussmenowa kommentiert die Einteilung der EU in „alte“ und „neue“ Mitglieder so: „Damit muss ein für alle Mal Schluss sein“, sagt Hjussmenowa. „Ich bin überzeugt, dass Jean-Claude Juncker diese Ansicht teilt. Ich wünsche mir, dass er weiterhin ein Freund Bulgariens bleibt und wir ihn nicht enttäuschen.“
Für den EVP-Abgeordneten Tomislaw Dontschew hat eine der Schlüsselinstitutionen der Europäischen Union einen starken Präsidenten. Die von Juncker geforderte Fortsetzung des Kooperations- und Kontrollverfahrens für Bulgarien dürfe niemanden überraschen, sagte Dontschew. „Natürlich wünsche ich mir, dass dieses Verfahren, das erstmals nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens eingeführt wurde, so bald wie möglich entfällt“, sagt Dontschew weiter. „Doch, dafür muss Bulgarien seinen Teil der Aufgaben lösen. Leider hat sich Bulgarien im letzten Jahr vom guten Image in der EU sehr weit entfernt und es sieht ganz danach aus, dass die Europäische Kommission noch lange Fortschrittsberichte über Bulgarien verfassen muss“, resigniert der konservative Politiker.
„Ich kenne Jean-Claude sehr gut aus der Zeit, als wir beide Ministerpräsidenten unserer Länder waren“, erinnert sich der Vorsitzende der europäischen Sozialisten Sergej Stanischew. „Wir hatten sehr viele wertvolle und interessante Gespräche. Er ist ein überzeugter Europäer und sicherlich kein Freund von leeren Worten und politischen Deklarationen. Ich hoffe, Juncker wird die Europäische Kommission nur noch stärken können“, sagte abschließend Sergej Stanischew.
Übersetzung: Vessela Vladkova
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