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Das schicksalhafte Jahr 1944

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Luftangriff auf Sofia, April 1944
Foto: Archiv

Als die bulgarische Regierung Ende 1941 unter dem Druck Hitlers, mit dem sie verbündet war, Großbritannien und den USA, wie man dachte, symbolisch den Krieg erklärte, ahnte sie nicht, dass der Krieg zwei Jahre später zur grausamen Realität werden würde. Rund 200 amerikanische Flugzeuge warfen am 10. Januar 1944 ihre Bombenlast auf die bulgarische Hauptstadt Sofia. So begann das für Bulgarien schicksalhafte Jahr 1944.

Die Bombardierungen gingen auch im Frühjahr und im Sommer weiter. Bulgarien hatte verschlechterte Beziehungen auch mit seinem Verbündeten Nazi-Deutschland und es stand im nunmehr realen Krieg mit Großbritannien und den USA. Das Land brauchte einen Waffenstillstand mit den Siegern. Angesichts der in Rumänien nahenden Roten Armee erklärte die Regierung von Iwan Bagrjanow im letzten Moment – am 26. August die Neutralität des Landes. Am gleichen Tag beschloss das Zentralkomitee der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten), die bisher einen Partisanenkampf gegen die im Land stehenden deutschen Truppen und die mit Nazi-Deutschland verbündete bulgarische Regierung geführt hatte, die Macht im Land durch einen bewaffneten Aufstand zu übernehmen.

Die Regierenden versuchten weiterhin zu manövrieren. Am 2. September wurde eine „oppositionelle“ Regierung unter Konstantin Murawiew gebildet, die versuchte Friedensverhandlungen zu führen und sprach sich für „demokratische Reformen“ aus. Die UdSSR erklärte dem mit Nazi-Deutschland verbündeten Bulgarien den Krieg und die Soldaten der Roten Armee traten in das Land ein, das die deutschen Truppen kurz zuvor verlassen hatten. Der Plan des Zentralkomitees der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten) und des Zentralen Stabes der aufständischen Volksbefreiungsarmee, die bisher den Partisanenkampf gegen die deutschen Truppen und die bulgarische Regierung geführt hatte, wurde verwirklicht. Offiziere des politischen Kreises „Zweno“ besetzten in der Nacht vom 8. zum 9. September Schlüsselpunkte in der Hauptstadt Sofia – das Kriegsministerium, das Außenministerium, die Post, das Telegraphenamt und das Rundfunkgebäude. Die Partisanen kamen aus den Wäldern und übernehmen die Macht in den Städten und Dörfern. Die Regierung von Konstantin Murawiew wurde gestürzt und an die Macht kam die antifaschistische und prosowjetische Regierung der Vaterländischen Front unter Kimon Georgiew. Dadurch stieß die Rote Armee in Bulgarien auf keinen militärischen Widerstand und wurde freudig von der Bevölkerung begrüßt.


Um 6.30 am 9. September erklang im Rundfunk die Ansprache den neuen Premierministers Kimon Georgiew. Als Zeitzeugen des bewaffneten Aufstandes am 9. September wurde aus dem Archiv des Bulgarischen Nationalen Rundfunks die Erinnerung des bekannten antikommunistisch eingestellten Sozialdemokraten Dr. Petar Dertliew gewählt:

Am frühen Morgen hörten wir die Stimme von Kimon Georgiew. Fast kläglich. Eine Stimme, die alles Mögliche aber keinen Respekt hervorrufen kann. Wir hörten die Erklärung und gingen zum zentralen Platz der Stadt. Es kamen viele Menschen. Seien wir ehrlich, das bulgarische Volk versteht es Beifall zu spenden. Es war sehr tragisch als der Zar gestorben ist, sehr begeistert als die Deutschen kamen und auch jetzt war es begeistert. Es gibt immer einen Teil des bulgarischen Volkes, der in solchen Momenten in Ekstase verfällt.


So wurde der 9. September 1944 zum Wendepunkt in der bulgarischen Geschichte. Am 10. September wurde die Polizei aufgelöst und die Volksmiliz geschaffen, vorwiegend aus Partisanen. Die Minister und Parlamentsabgeordneten, die dafür verantwortlich waren, dass Bulgarien zum Verbündeten vom Nazi-Deutschland und vom faschistischen Italien wurde, die die Welt in den Zweiten Weltkrieg getrieben haben, wurden vor Gericht gestellt. Neben den Schuldigen wurden auch Unschuldige Opfer von gerichtlichen und außergerichtlichen Verfolgungen: Offiziere, Beamte und Intellektuelle.

Warum musste der Sieg dieses antifaschistischen Aufstandes so aufgebauscht werden? Es sei darauf hingewiesen, dass die Schmach und Morde nach dem 12. September 1944 begannen. Der Volkszorn ergoss sich nicht unmittelbar. Denn, wenn jemand meinen Bruder ermordet hat, werde ich ihn bei erster Gelegenheit verfolgen. Es wurden nicht nur jene, die wirkliche Verbrechen verübt hatten, sondern alle potentiellen Gegner getötet. Eine Reihe Sozialdemoraten und Aktivisten der Bauernpartei sind umgekommen, nicht nur Leute von der Rechten. Es starben Leute, die es noch geben könnte. Es kam ein Befehl von irgendwoher. Ich kann nicht sagen woher. Nach dem 12. September begannen Menschen massenweise zu verschwinden und exekutiert zu werden.“ Das sagte 1990 Dr. Petar Dertliew, der ebenfalls verfolgt wurde.

Am 28. Oktober 1944 wurde in Moskau der offizielle Waffenstillstand unterzeichnet und Bulgarien ging offiziell auf die Seite der antifaschistischen Koalition über. Bulgarien verpflichtete sich dazu die sowjetischen Truppen mit Treibstoff, Lebensmitteln und allem, was sie brauchen zu versorgen. Das hatte es zuvor mit den deutschen Truppen getan. Die bulgarische Armee kämpfte nun an der Seite der Roten Armee gegen die Wehrmacht, um Europa von den Nazis zu befreien. Sie musste schwere Kämpfe bestehen und kam bis nach Wien. Dann zerfiel die Antihitlerkoalition und begann der Kalte Krieg. Das Jahr 1944 bestimmte den Platz Bulgariens in der folgenden Ost-West-Konfrontation.

Übersetzung und Redaktion: Vladimir Daskalov

Fotos: Archiv



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