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1956: Das Aprilplenum

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1953 starb Stalin. Nach seinem Tod begann ein allmählicher Prozess der Entstalinisierung in der Sowjetunion und in den anderen sozialistischen Ländern.

Im Februar 1956 fand der XX. Parteitag der kommunistischen Partei der Sowjetunion statt, auf dem zum ersten Mal der Kult um die Persönlichkeit Stalins und einige Verbrechen seiner Regierungszeit öffentlich verurteilt wurden. Ähnliche Prozesse der Kritik am Stalinismus finden in den anderen sozialistischen Ländern statt. In Bulgarien, das auch seinen Schauprozess gegen Trajtscho Kostow hatte, geschah das im April 1956 bei einer Plenartagung des Zentralkomitees der Bulgarischen kommunistischen Partei. Dabei wurde der starke Mann in Bulgarien Walko Tscherwenkow abgesetzt, der ebenfalls einen Kult um seine eigene Persönlichkeit betrieb. Er wurde von Todor Schiwkow gestürzt, der bereits Erster Sekretär des Zentralkomitees war. Dieser Machtwechsel geschah im Einklang mit dem Erster Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU Nikita Chruschtschow. Den Bericht vor dem Aprilplenum schrieb Todor Schiwkow und zeigte ihn im voraus dem sowjetischen Botschafter in Sofia.

Unser heutiger Zeitzeugenbericht ist von Todor Schiwkow. Wir hören ihn einige Monate nach dem Plenum:

"Das Aprilplenum der Bulgarischen kommunistischen Partei stellte fest, dass trotz der großen Errungenschaften beim Aufbau des Sozialismus es in der Partei-, staatlichen und wirtschaftlichen Arbeit schädliche, falsche Leitungsmethoden gegeben hat, die suich negativ ausgewirkt haben. Im Lichte der Entscheidungen des XX. Parteitages der kommunistischen Partei der Sowjetunion, die eine sehr große Bedeutung für die Entwicklung der gesamten internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung haben, traf des Zentralkomitee auf seinem Aprilplenum richtige Entscheidungen. Sie sind darauf ausgerichtet die existierenden Fehler und Schwächen schnell zu überwinden und die Prinzipien der Partei- und Staatsführung von Lenin vollständig wiederherzustellen und strengstens einzuhalten. Es ist sehr richtig, dass die Kommunisten und Werktätigen bei uns diese Entscheidungen gut heißen und das Aprilplenum des Zentralkomitee als ein wichtiges Ereignis würdigen, das frisches Blut bringt und unser gesamtes gesellschaftliches und staatliches Leben in Bewegung gebracht hat. Es steht außer Frage, dass das Aprilplenum sich immer mehr wohltätig auf die Entwicklung des Landes auswirken wird. Obwohl seit dem Aprilplenum des Zentralkomitee nur wenige Monate vergangen sind, haben das Zentralkomitee der Partei und die Regierung bereits eine Reihe wichtiger Fragen gelöst, die von vitaler Bedeutung für das Land, die Verbesserung der materiellen und kulturellen Lage der Werktätigen sind. Es wurde Maßnamen für die Stärkung und Erweiterung der landwirtschaftlichen Genossenschaften verabschiedet. Die Frage der Gewährung von Altersrenten für die Mitglieder der Genossenschaften wurde gelöst, die von Bedeutung für die Absicherung ihres Alters sind. Es wurden neue Kantinen für Arbeiter geschaffen und die Verpflegung wurde im Durchschnitt um 25 bis 30 % billiger. Am 1. Januar 1957 steigt das Kindergeld wesentlich. Das ist wichtig für Hundert Tausende Familien und ist wichtig für kinderreiche Familien."

Todor Schiwkow stärkte immer mehr seine Position in Partei und Staat in Bulgarien und er bestimmte die Politik in unserem Land bis zur Wende von 1989, als er ebenfalls auf einem Plenum der Kommunistischen Partei gestürzt wurde.

Übersetzung und Redaktion: Vladimir Daskalow




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