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Öffentlichkeit toleriert die Schattenwirtschaft zunehmend weniger

Foto: Archiv

Die bulgarische Wirtschaft helle immer mehr auf. Zu dieser Schlussfolgerung ist die Assoziation des Industriekapitals in Bulgarien gelangt, die in den vergangenen fünf Jahren an einem Projekt zur Prävention und Eindämmung der Schattenwirtschaft arbeitet. Die Praktiken der Schattenwirtschaft gehören leider zum Alltag einer jeden Gesellschaft in der Welt. In Bulgarien blühten sie jedoch in den Jahren der Wende insbesondere auf, als sich die Eigentumsverhältnisse änderten. 2010 machte die Schattenwirtschaft sogar 36 bis 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Das benachteilige die ehrlichen Unternehmer enorm. Im Rahmen des Projekts erarbeiteten Experten der Assoziation einen neuen Index für das Monitoring der Schattenwirtschaft, genannt Komposita-Index „Wirtschaft im Hellen“.

Die Rechnungen ergeben, dass der Index 2010 bei 63 (von maximal 100) lag, während er im vergangenen Jahr bereits 68 betrug. Laut dem Experten Prof. Dr. Stefan Petranow habe die Wirtschaft vor allem 2011 und Anfang 2012 eine „Aufhellung“ erfahren. „Es war die Periode, in der die Kassenapparate mit dem Steueramt online geschaltet und Messgeräte an den Tankstellen und in der Herstellung von Alkoholgetränken sowie in den Lagern für Akzisenwaren angebracht wurden“, erzählt der Experte. „Die Zolluntersuchung wurde als Form der Kontrolle wieder eingeführt; es wurden auch wegen der Haushaltsprobleme verstärkt Maßnahmen ergriffen.“

2013 seien vor allem Betrügereien mit der Mehrwertsteuer, Verstöße gegen die Zollprozeduren bei der Einfuhr von Waren aus Nicht-EU-Ländern, Tabakschmuggel, Nichtausstellung von Kassenbelegen und fiktive Arbeitsverträge registriert worden. Tourismus, Infrastrukturprojekte, Milchverarbeitung, Gesundheitswesen und Landwirtschaft seien jene Bereiche, in denen die Schattenwirtschaft konzentriert sei. Am schwächsten könne sie im Maschinenbau, den Postdienstleistungen, Schiffsbau und Reparatur beobachtet werden. „Im Schiffsbau hat man mehr mit ausländischen Partnern Kontakt, so dass man dort nicht in die Schattenwirtschaft abtauchen kann“, ist Dr. Emilija Tschengelowa überzeugt, Soziologieexpertin des Projekts.

Die Schattenwirtschaft sei besonders in Nordbulgarien und speziell in den Städten Widin, Targowischte, Rasgrad, Montana, Schumen und Plewen anzutreffen. Die Assoziation des Industriekapitals in Bulgarien hat 18 Praktiken der Schattenwirtschaft herauskristallisiert und verfolgt ihre Entwicklung seit 2010. „Es ist deutlich ein Rückgang dieser Praktiken zu beobachten. Was die Einstellung ohne Arbeitsvertrag anbelangt ist sogar eine Senkung auf die Hälfte zu verzeichnen“, sagt weiter Dr. Emilija Tschengelowa. „Kopfschmerzen bereiten uns einzig die fiktiven Arbeitsverträge. Bei ihnen wird als Lohn eine fiktive, minimale Summe angegeben und der Rest des vereinbarten Gehalts wird auf die Hand gezahlt. Diesem Problem kann man nur schwer beikommen, weil dieser Betrug bei Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anklang findet und weit verbreitet ist. In den letzten drei bis vier Jahren war ferner eine Erhöhung der Verschuldung der Unternehmen untereinander zu beobachten. 2010 hatten 15 Prozent der Firmen ausstehende Zahlungen, 2013 waren es bereits ein Viertel der Unternehmen; in diesem Jahr konnte zum ersten Mal ein Rückwärtstrend beobachtet werden. Nunmehr haben 19 Prozent der Firmen nicht getilgte Schulden.“

Eine positive Tendenz sei ferner die gestiegene negative Einstellung der Öffentlichkeit gegen die Schattenwirtschaft. Während 2010 noch nahezu die Hälfte der Arbeitnehmer geneigt war, Praktiken der Schattenwirtschaft zu dulden, ist es heute nur ein Viertel. Dennoch reiht sich Bulgarien unter jene EU-Länder ein, in der die Schattenwirtschaft am weitesten verbreitet ist.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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