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Risiken und Möglichkeiten beim Abruf der EU-Mittel

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„Der Abruf der EU-Fonds ist eine vorrangige Priorität für die neue Regierung Bulgariens nach der langen politischen und Wirtschaftskrise. Der Kampf um jeden Euro, der nach Bulgarien fließen muss, ist unabdingbar notwendig“, sagte der Vizepremier und Minister für die EU-Fonds Tomislaw Dontschew in einem Exklusivinterview für Radio Bulgarien.

Welche Risiken und Chancen türmen sich vor dem Abruf der EU-Mittel auf? Werden wir das aufholen können, was uns wegen der eingefrorenen Mittel in diesem Jahr verloren gegangen ist, fragten wir den Minister.

Das sind alles schwere Fragen“, seufzt Tomislaw Dontschew. „Wenden wir uns zunächst der ablaufenden Periode 2007 bis 2013 zu. Die diesbezüglichen Zahlungen laufen bis 2015. Hier steckt das erste Risiko und damit steht auch die erste Priorität für die kommenden Monate fest. Wir müssen dieses Jahr mit geringstmöglichen Verlusten abschließen. Für jedes Jahr sind konkrete Summen vorgesehen, die gezahlt werden müssen. Falls sie weniger ausfallen sollten, gehen die Gelder verloren. Die Lage ist insbesondere in zwei der Programme sehr schwer. Bis Ende dieses Jahres müssen über 460 Millionen Euro ausgezahlt werden, was in den verbleibenden rund 30 Arbeitstagen ein Ding der Unmöglichkeit ist – schließlich können wir keine Wunder vollbringen. Ein großes Risiko droht dem Programm zur Entwicklung der Landgemeinden. Wir können nur hoffen, dass uns triftige Argumente einfallen und der Dialog mit der Europäischen Union, wie auch die verbleibende Tage bis Jahresende dazu beitragen, die Verluste zu mindern. Das ist die erste Herausforderung und gleichzeitig das erste Ziel. Wir müssen uns aber auch darum kümmern, was real mit den Projekten passiert – die Investitionen müssen stimmen und qualitativ den Projekten entsprechen, das für uns schon immer eine Priorität gewesen ist.“

Als zweitwichtigstes Ziel der Regierung nannte Minister Dontschew den Bau der Autobahn „Hemus“, was mit Mitteln der neuen Programmperiode 2014 bis 2020 geschehen soll. Leider habe sich die Prognose von Tomislaw Dontschew von vor einem Jahr bewahrheitet, dass 2014 ein verlorenes Jahr sein werde. Nunmehr müsse alles drauf und dran gesetzt werden, damit das nicht auch für das kommende Jahr zutreffen wird. Die Lage sei aber recht kompliziert. Daher müsse der Verzug in der Billigung der Programme für die neue Periode durch die Europäische Kommission wieder wett gemacht werden, damit die Gelder wieder schneller fließen. Minister Dontschew betonte, dass diese Mittel von den Gemeinden und vor allem von den Bürgern dringendst gebraucht werden. Es handle sich immerhin um zwei Drittel der Ressourcen für öffentliche Investitionen in das Straßen- und Schienennetz, die Gebäudesanierung, die Bildungs- und soziale Infrastruktur, wie auch in die Umwelt, wie Wasser- und Abfallwirtschaft und die Luftreinheit. Falls die Finanzierung sich verlangsamen, oder völlig aussetzten sollte, werde das einen Schock in der Wirtschaft und eine Krise im Bauwesen verursachen, ist Minister Dontschew überzeugt.

Alle wissen sehr genau, können es auch sehen, wie die Dichte der Verkehrsinfrastruktur im Süden Bulgariens diesen Teil des Landes verändert hat“, sagt der Minister für die EU-Fonds. „Als Musterbeispiel gilt die Autobahn „Thrakia“, aber auch die Autobahnen „Struma“ und „Maritza“. Entlang der Autobahnen ist eine Belebung der Wirtschaft sichtbar, das Interesse von Investoren am Bau von Produktionsanlagen ist gestiegen; das trifft auch für den Dienstleistungsbereich zu. Im Norden Bulgariens sieht es leider anders aus. Daher ist die Hemus-Autobahn eine besondere Priorität für unser Land. Sie würde maßgeblich zum Ausgleich des Nord-Süd-Gefälles beitragen, also nicht nur den Unterschied in den Möglichkeiten der nördlichen und südlichen Schwarzmeerküste überwinden helfen, sondern auch den zum Landesinneren. Derzeit stellt Nordbulgarien in verkehrstechnischer Sicht ein Enklave dar, was unakzeptabel ist. Das wirkt sich nämlich auch auf die Wirtschaft aus, wie auch auf den Umfang der Investitionen und der Arbeitslosigkeit. Genauso müssen auch andere Straßeninfrastrukturvorhaben vorangebracht werden. Leider sind die im Transport-Programm vorgesehenen Mittel geringer als unsere Ambitionen und es fehlen uns zwischen 200 und 700 Millionen Euro…Erfreulich ist, dass die Europäische Kommission in der vergangenen Woche die eingefrorenen Mittel des Umweltprogramms wieder freigegeben hat, die sich auf nahezu 800 Millionen Euro belaufen. Die Hälfte davon soll noch in diesem Jahr überwiesen werden. Ein großes Problem ist, dass das Programm für Regionalentwicklung weiterhin auf Eis liegt…

Der Minister für die EU-Fonds Tomislaw Dontschew rechnet damit, dass die Finanzkorrekturen, die als Bedingung zur Freigabe der Gelder aus dem operationellen Programm „Umwelt“, wie auch möglicherweise „Regionalentwicklung“, gestellt wurden, den Haushalt 2015 belasten werden. Das sei eine Herausforderung, für die die Regierung noch bis Jahresende eine Lösung finden müsse, meinte abschließend Vizepremier Tomislaw Dontschew.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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