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Im Tangoschritt auf der Aufholjagd

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Als die Wende vor 25 Jahren über Bulgarien einbrach, scherzte der berühmte bulgarische Komiker Todor Kolew in einem Satirelied darüber, wann Bulgarien die USA einholt. Und oft scherzte das Publikum zurück, selbst, wenn Bulgarien den Amerikanern entgegen laufen würde, wird es die USA nicht einholen können. Dieser Scherz gewann gestern wieder an Aktualität, als die Ergebnisse einer Untersuchung von Open Society über die Angleichung des Lebensstandards in den alten und neuen EU-Ländern veröffentlicht wurden.

Die Ergebnisse über Bulgarien zeigen, dass das Ziel eines Lebensstandards wie in den sog. „alten“ EU-Ländern weit verfehlt ist. Viel mehr bewegt sich Bulgarien im Balkan-Durchschnitt und findet sich neben Montenegro, Rumänien und dem krisengeplagten Griechenland wieder. Von allen 35 untersuchten Ländern in den vier Bereichen Wirtschaft, Lebensqualität, Demokratie und Verwaltung nimmt das Land Platz 28 ein und ist somit EU-weit Schlusslicht. Hinter Bulgarien bleiben lediglich Balkanländer, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind. Die Liste wird erwartungsgemäß von den skandinavischen Ländern, den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien und Frankreich angeführt.

„Wir bewegen uns im Tangoschritt – sobald wir kleine Fortschritte gemacht haben, folgen Rückschläge“, kommentiert Marin Lessenski von Open Society in Sofia. „Am besten schneidet Bulgarien in der Kategorie Wirtschaft, und am schlechtesten – in der Kategorie Lebensqualität ab“, sagt Lessenski weiter. „Unter Lebensqualität verstehen wir Dienstleistungen, wie medizinische Versorgung, Ausbildungsmöglichkeiten, Einkommen der Privathaushalte usw. Nachholbedarf besteht auch in den Bereichen Demokratie und Verwaltung“, betont Marin Lessenski.

Die niedrige Staatsverschuldung ist das Aushängeschild der bulgarischen Wirtschaft und dies reiht das Land an zweiter Stelle hinter Estland ein. Damit hören die guten Nachrichten aber auch schon auf. Bulgarien ist eines der EU-Länder, wo die Korruption weit verbreitet ist. Darüber hinaus verspüren die Menschen eine ausgeprägte Benachteiligung immer größerer Bevölkerungsschichten, gepaart mit einer immer größeren Armut. Die politische Instabilität der letzten zwei Jahre lässt die Bürger apathisch und skeptisch darüber sein, ob und wie die Demokratie in Bulgarien funktioniert. Bulgarien ist EU-weites Schlusslicht in noch weiteren, für die Demokratie essentiellen Bereichen, wie Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit. „Entschlossene und gravierende Reformen können die Lage deutlich verbessern“, meint Marin Lessenski von Open Society. Kann Bulgarien das alte Europa aufholen?

Ja, und sogar sehr schnell“, glaubt Lessenski. „Als Beispiel kann uns Estland dienen, das jedes Jahr um drei Plätze gut macht. Das bedeutet, dass es in vier bis fünf Jahren machbar ist, dass Verbesserungen eintreten. Man darf sich aber nicht vormachen, dass ein einziger Schritt die Lage von heute auf morgen umwandeln kann. Wenn wir von Reformen sprechen, dann meinen wir eigentlich ein Reformpaket. Und dieses Reformpaket betrifft viele Bereiche, wie Korruptionsbekämpfung, Rechtstaatlichkeit, Medienfreiheit, hohes Bildungsniveau usw. Nichts davon kann mit einem magischen Stab verändert werden“, sagte abschließend Marin Lessinksi von Open Society.

Übersetzung: Vessela Vladkova



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