Eines der kulinarischen Wahrzeichen Bulgariens soll durch ein eigenes Fest und eine Museumsaustellung gewürdigt werden. Ende dieser Woche findet in der nordbulgarischen Stadt Gorna Orjachowiza eine Gaumen-Fiesta statt, in deren Zentrum die örtliche Trockenwurst steht. Seit Jahrhunderten schon wird diese Spezialität in der Gegend hergestellt und ist für jede festlich gedeckte Tafel das I-Tüpfelchen.
Das diesjährige Festival hat für die Besucher zahlreiche Gaumenfreuden und Überraschungen parat, darunter Wettkämpfe, wer am flinkesten eine Trockenwurst pellen, hauchdünn schneiden und geschmackvoll arrangieren kann. Die lukullischen Festtage werden im Verzehr einer 60 Meter langen Trockenwurst gipfeln, die einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde verdient. Natürlich wird es aber noch viel mehr zum Verkosten und zum Erleben geben. Am Samstag steht die Eröffnung einer einzigartigen Museumsausstellung bevor, die der Trockenwurst aus Gorna Orjachowiza gewidmet ist. Mit Hilfe der dort gezeigten Instrumente, Ausrüstungen und Fotos werden die Besucher in die Zeit und Atmosphäre der alten Produktionshallen versetzt, in denen die Delikatesse früher hergestellt wurde. Zu den Attraktionen der Ausstellung zählt eine dreidimensionale Wandmalerei mit der Abbildung einer solchen Werkhalle. Die Exposition befindet sich im Hof des Geschichtsmuseums von Gorna Orjachowiza. Am Eröffnungstag kommen die Gäste in den Genuss von Trockenwürsten der Marke Gorna Orjachowiza, die nur von drei lizenzierten örtlichen Firmen hergestellt werden dürfen. Um genau zu sein ist diese Trockenwurst das erste bulgarische Erzeugnis, welches das EU- Zertifikat „geschützte geographische Angabe“ erhalten hat. „Unsere Trockenwurst ist bereits als Marke eingetragen und kann nur hier, in Gorna Orjachowiza, von den besagten drei Firmen hergestellt werden“, erläutert der Direktor des städtischen Geschichtsmuseum Plamen Mademow. Von ihm erfahren wir auch, dass die örtliche Spezialität seit Jahrhunderten zur Kultur und Lebensweise in dieser Region zählt ist.
„Die Bürger unserer Stadt gelten seit je als gute Händler und Viehzüchter, die einst riesige Viehherden besaßen. Unsere Gegend ist auch für einen der größten Viehmärkte bekannt“, erzählte uns Plamen Mademow. „Allerdings gab es Probleme, die Tiere im Winter mit ausreichend Futter zu versorgen. Aus diesem Grund sahen deren Besitzer gegen Ende des Sommers gezwungen, einen Teil der Tiere zu schlachten. Und so wurde das raffinierte Trockenwurstrezept ausgeklügelt.“
Dieses Rezept ist allerdings ein streng gehütetes Geheimnis. Bekannt ist nur, dass man für die Trockenwurst lediglich Rindfleisch verwendet und natürliche Kräuter dazugibt. Der Geschmack dieser Delikatesse hängt auch vom örtlichen Klima ab, das sich mit kalter Luft und schwachen Winden im Winter auszeichnet. In der Vergangenheit wurde das Fleisch vor allem getrocknet und geräuchert, damit es haltbar gemacht wird. Die Leute in Gorna Orjachowiza haben die Technologie jedoch vervollkommnet:
„Sie begannen, das Fleisch klein zu hacken und in gesalzene Därme zu füllen. Das ist die erste Produktionsphase“, erklärt Plamen Madenow. „Die Qualität der Trockenwurst hängt von den örtlichen Klimabedingungen ab. Hier in den Gegend um Gorna Orjachowiza bildet sich auf der Wurstpelle ein weißer Schimmel, der sie besonders haltbar macht. Früher hat man um den 15. August, dem Tag der Heiligen Muttergottes, mit dem Schlachten der Rinder begonnen. Am 14. Oktober hieß es dann, es sei an der Zeit, die Messer vom Blut zu säubern. Damals war die Trockenwurstproduktion jahreszeitbedingt. Im Laufe der Zeit hat man jedoch begonnen, sich moderner Trockenanlagen und Produktionstechnologien zu bedienen, so dass sie mittlerweile das ganze Jahr über möglich ist.“
Die lizenzierten Firmen schwören, bei der Produktion der Trockenwurst keinerlei Konservierungsstoffe zu verwenden und beteuern, dass sich ihre Wurst in nichts von jener unterscheidet, die unsere Vorfahren vor 3 Jahrhunderten gemacht haben. Ob diese Trockenwurst auch hält, was sie verspricht und ob sie wohl das eine oder andere Gläschen Wein verdient, das können nur jene sagen, die sich zum großen Festival der Trockenwurst in Gorna Orjachowiza einfinden.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: BULFOTO
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