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Beziehungen zwischen Sofia und Skopje sollen noch enger werden

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Die Unterzeichnung eines Staatsvertrags über gutnachbarschaftliche Beziehungen war im Mittelpunkt der Unterredungen von Außenminister Mitow mit dem mazedonischen Ministerpräsidenten Nikola Gruevski.
Foto: mfa.bg

Die bulgarischen Diplomaten haben das Jahrestreffen der mittel- und osteuropäischen Außenminister im mazedonischen Ohrid genutzt, um einen noch engeren Kontakt zu Skopje zu knüpfen, als er ohnehin schon ist. Und das aus einem triftigen Grund – die politische Krise im Nachbarland ist längst noch nicht überwunden.

Der bulgarische Chefdiplomat Daniel Mitow hat in seinen offiziellen Gesprächen erneut betont, dass die EU- und NATO-Integration der Westbalkanländer keine Alternative hat. Der wirtschaftliche Aufschwung und die politische Stabilität in der Region können nur durch den Beitritt der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken zur Europäischen Union und der Nordatlantischen Allianz gewährleistet werden.

Für Bulgarien waren jedoch die bilateralen Unterredungen von Mitow mit seinem mazedonischen Amtskollegen Nikola Poposki, dem Staatspräsidenten George Ivanov, dem Ministerpräsidenten Nikola Gruevski und mit den Oppositionsführern ausschlaggebend. Im Mittelpunkt dieser Gespräche stand die Unterzeichnung eines Staatsvertrags zwischen Bulgarien und Mazedonien über gutnachbarschaftliche Beziehungen. Der Entwurf dieses Vertrages liegt seit Jahren auf dem Tisch, der offizielle Abschluss lässt viel zu lange auf sich warten.

Nachdem Bulgarien die EU-Integration des benachbarten Mazedonien kontinuierlich unterstützt hatte, wendete sich Sofia im entscheidenden Moment von Skopje ab: Beim EU-Außenministertreffen Mitte Dezember 2012 in Brüssel widersetzte sich Bulgarien der Erteilung eines Termins für den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien im Juni 2013. Bulgarien, EU-Mitglied seit 2007, macht die Beitrittsgespräche von der Verbesserung der bilateralen Beziehungen abhängig und wirft seinem Nachbarland unter anderem vor, die teils gemeinsame Geschichte aus „nationalistischer Sicht zu verzerren“. Dabei fordert Sofia, dass Skopje „gutnachbarschaftliche Beziehungen nach europäischem Vorbild“ pflegen und die bulgarischstämmigen Bürger nicht diskriminieren soll.

Die blockierende Haltung Bulgariens wurde sowohl von bulgarischen, als auch von ausländischen Beobachtern teilweise scharf kritisiert mit dem Hauptargument, dies feuere lediglich die nationalistischen Konflikte zwischen beiden Nachbarn an. Dennoch hält die konservative Regierung in Sofia am harten Kurs fest und ließ mehrmals betonen, „die gutnachbarschaftlichen Beziehungen bleiben ein wichtiges Kriterium bei der Bewertung des Fortschritts Mazedoniens auf seinem Weg in die EU.“ Dabei stehe Bulgarien nicht allein und diese Ansicht werde von allen EU-Mitgliedsländern geteilt, kommentieren bulgarische Regierungskreise.

Beim Durchlesen der Pressemitteilungen nach den Gesprächen von Daniel Mitow in Ohrid wird deutlich, dass sich hinter den wohlklingenden diplomatischen Formulierungen eine eindeutige Haltung Mazedoniens versteckt, und zwar eine ablehnende. Skopje will diesen Vertrag offensichtlich nicht unterzeichnen, auch wenn es bereits zwei Jahre am Text mitgetüftelt hat.

Die oftmals hysterische bulgarienfeindliche Haltung der mazedonischen Politiker hallt zum Glück in der Bevölkerung nicht wider. Und trotzdem gibt das bulgarischen Historikern Anlass, die tolerante Haltung Bulgariens gegenüber seinem westlichen Nachbar zu kritisieren. Als „unüberlegt“ und „unklug“ wird da etwa auch die Anerkennung des unabhängigen mazedonischen Staats 1991, als sich Skopje von Jugoslawien loslöste, bezeichnet. Die Anerkennung des Staates bedeutet zwar nicht, dass Bulgarien auch eine mazedonische Nation und Sprache anerkennt. Dennoch ist dieser feine Unterschied immer noch ein Stolperstein für die gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die EU-Mitgliedschaft Mazedoniens würde auch diesen kleinkarierten Konflikt beilegen. Denn wenn die Grenzen fallen, wird sich plötzlich herausstellen, dass wir ein Volk sind, das in zwei Staaten lebt.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



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