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Über bulgarischen Joghurt, das nützliche Bakterium und seinen Entdecker

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Foto: Archiv

Der bulgarische Joghurt ist weltweit ein Begriff. Jedoch wissen nur wenige, wer das Lactobacillus bulgaricus entdeckt hat. 1905 beschreibt Dr. Stamen Grigorow das Milchsäurebakterium, das die Milch zum Gären bringt.

Der Junge vom Lande, das neunte von insgesamt zwölf Kindern – wer hätte gedacht, dass es den Buben aus dem Dorf Studen Iswor einst nach Montpellier verschlagen- und er an der dortigen Universität ein glänzendes Studium der Naturwissenschaften hinlegen wird? Mithilfe patriotischer Bulgaren geht er nach Genf, um dort Medizin zu studieren. Hier wird der berühmte Bakteriologe Prof. Leon Massol auf ihn aufmerksam und betraut ihn mit der Aufgabe, die Flora des bulgarischen Joghurts zu untersuchen. Zu jener Zeit erforscht der Nobelpreisträger Prof. Ilia Metschnikow die Gründe für das Altern des menschlichen Körpers und die Langlebigkeit in Europa. Dabei stellte sich heraus, dass in Bulgarien die meisten Hundertjährigen leben, was heute leider nicht mehr so ist. Dabei stellte sich u.a. die Frage, ob vielleicht auch der bulgarische Joghurt dafür verantwortlich ist?

"Viele Hersteller bevorzugen preisgünstigere Gärstoffe mit schlechterer Qualität", meint Julia Grigorowa, die Enkelin des Wissenschaftlers und Vorsitzende der Doktor-Stamen-Grigorow-Stiftung. "Seit einigen Jahren setzen immer mehr Hersteller auf Qualität und produzieren recht guten Joghurt. Natürlich unterscheidet sich der Joghurt aufgrund von Haltbarkeitsdauer und Dichte im Geschmack. Das ist beim hausgemachten Joghurt anders, weswegen er für die Mikroflora des Körpers sehr förderlich ist. Was die Langlebigkeit betrifft, liegen die Gründe dafür nicht nur im beschränkten Konsum von echtem Joghurt. Ganz bewusst ziehen sich viele Bulgaren im Alter aufs Land zurück – dort ist nicht nur die Luft sauberer."

Im Ausland kommt "Bio" immer mehr in Mode. Dabei ist unser Joghurt möglicherweise das reinste bulgarische Lebensmittel. Doch auch hier stoße man auf Schwierigkeiten, meint Julia Grigorowa:

"In diesem Bereich gibt es noch enormen Aufholbedarf. Leider sind sehr gute bulgarische Wissenschaftler in ausländische Labore ausgewandert, beispielsweise nach Japan. Auch China ist sehr im Kommen, ganz zu schweigen von den früheren Sowjetrepubliken. Biolebensmittel sind weltweit auf dem Vormarsch. In dieser Hinsicht nutzen wir die Qualität des Joghurts noch nicht richtig aus. Auch hat sich gezeigt, dass ausländische Wissenschaftler zuweilen mehr wissen als ihre bulgarischen Kollegen."

Und eine weitere interessante Einzelheit aus dem Leben von Dr. Grigorow - umständehalber gelang es ihm nicht, sich als Vater des Impfstoffs gegen Tuberkulose eintragen zu lassen. Als dessen Entdecker gingen die Franzosen Albert Calmette und Jean-Marie Camille Guérin in die Geschichte ein.

"Vor seiner Rückkehr nach Bulgarien begann Dr. Grigorow mit der Erforschung der Tuberkulosezellen und setzte diese Arbeit als Oberarzt im Krankenhaus von Tran fort", erzählt Julia Grigorowa. "1906 entwickelt er drei Monate vor den beiden Franzosen einen Impfstoff gegen Tuberkulose, findet in Bulgarien jedoch keine Institution, die sich für seine Erfindung stark macht. Und so ernten andere den Ruhm. Mehr noch – in bulgarischen Medizinerkreisen finden seine Forschungstätigkeit und die soliden Ergebnisse keinerlei Beachtung. Aus diesem Grund reist er nach Mailand, um dort seinen Impfstoff bestätigen zu lassen. Interessant ist, dass dieser Impfstoff nicht nur zur Prophylaxe, sondern auch zur Behandlung genutzt wird. Heute dient er Wissenschaftlern bevorzugt als Grundlage."

Das 110-jährige Entdeckungsjubiläum wurde mit einer Wissenschaftskonferenz in Sofia und dem Joghurtfest in der Stadt Tran gewürdigt. Dort präsentierte die lokale Bevölkerung hausgemachten Joghurt und Käse und wetteiferte um das beste Gericht aus einem tierischen Erzeugnis. Für die Kinder gab es ein Quiz mit Fragen über das Leben und Schaffen des berühmten Wissenschaftlers. Auch die Stadt Tran will künftig mehr auf naturnahen Tourismus setzen, verrät uns die Bürgermeisterin Stanislawa Alexiewa und weiter:

"In Zukunft wollen wir im Museum im Dorf Studen Izwor demonstrieren, wie man Milch zu Joghurt gerinnen lässt und das mit Landtourismus kombinieren. Mithilfe lokaler Tierhalter wollen wir uns gemeinsam mit unseren Gästen auf den Weg des Joghurts begeben – vom Melken bis hin zum fertigen Joghurt."

Übersetzung: Christine Christov



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