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Das kleinere Übel wählen oder das große an der Wurzel packen

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Foto: BGNES

Bulgarien hat oft Kritik geerntet, weil es sich vor knapp zwei Jahren entschlossen hat, einen Zaun entlang der bulgarisch-türkischen Grenze zu bauen. Der Grund war der steigende Flüchtlingsstrom. Und die Angst vor den Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika geht heute durch ganz Europa.

Diese Angst teilt auch die bulgarische Bevölkerung. Und bei weitem nicht alle in Bulgarien sind mit der Errichtung einer neuen Mauer in Europa glücklich. Denn seit der Zeit des Eisernen Vorhangs ist zu wenig Zeit vergangen und hier erinnert man sich noch an die Grenzzäune zum „feindlichen“ Nachbarn – sei es die Türkei im Süden oder Jugoslawien im Westen.

Noch beim Baubeginn der ersten 30 Kilometer Grenzzaun an der Grenze zur Türkei hatte der damalige bulgarische Innenminister Zwetlin Jowtschew erklärt, er veranlasse den Bau nur ungern. Das Flüchtlingsproblem scheint aber keine politische Verfärbung zu haben, denn die Errichtung des Grenzzauns begann unter einer sozialistischen Regierung und wird heute unter einer Mitte-Rechts-Regierung fortgesetzt.

Zu den Gründen für die Errichtung dieses umstrittenen Grenzzauns gehört aber auch eine ganz andere Überlegung, als die über die Angst vor den Flüchtlingen. Bis heute noch überqueren die meisten von ihnen die bulgarische Grenze illegal, und zwar meistens in schwer zugänglichen Gebieten. Dabei helfen ihnen gut organisierte Schleuserbanden. Die Idee hinter dem Zaun ist, dass die Flüchtlinge über die Grenzkontrollpunkte ins Land einreisen, um sie auch erfassen zu können.

Doch, darüber spricht man im Ausland ungern. Stattdessen kritisierte auch die Türkei selbst den Bau des Grenzzauns. Nun hat der Flüchtlingsstrom auch die Türkei selbst hart getroffen und unsere Nachbarn sind dabei, den 145 Kilometer langen Zaun entlang der syrischen Grenze auszubauen. Doch, keine Mauer der Welt wird die Flüchtlinge stoppen können. Sie könnte die Route höchstens umleiten. Und so wappnen sich die Westbalkanländer gegen eine neue Migrationswelle. Die ersten Anzeichen sind schon da – statt über Land durch die Türkei in das EU-Land Bulgarien zu gelangen, versuchen immer mehr Menschen ihr Glück auf dem Wasserweg. Unlängst machten sich Tausende Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos nach Athen auf, um von dort aus über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Westeuropa zu gelangen. Allein in den letzten zwei Monaten haben die Behörden im benachbarten Mazedonien mehr als 30.000 Asylanträge bekommen. Die Asylbewerber sind in erster Linie aus dem benachbarten Griechenland eingereist. Griechenland selbst gehört auch zu den Ländern, die eine Grenzmauer errichtet haben – entlang der Grenze zur Türkei. Die Errichtung von neuen Mauern ist ganz eindeutig eine zeitbegrenzte und nicht sonderlich vernünftige Maßnahme, durch die man einfach das kleinere Übel wählt, statt das große an der Wurzel zu packen. Und sie liegt nicht in Europa vergraben, sondern in den Herkunftsländern der fliehenden Menschen.

Deutsche Fassung: Vessela Vladkova



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