Die Technologie aus dem Balkandorf Tscherni Wit zur Herstellung von Grünschimmelkäse ist nicht vergessen. Davon überzeugen uns die Anhänger der internationalen Slow-Food-Bewegung in Bulgarien. Sie suchen nach "gastronomischen Schätzen" und verwandeln sie in Geschäftsideen. Der bulgarische Grünschimmelkäse hat sich weltweit einen Namen gemacht. Für den bulgarischen Verbraucher ist dieser Käse aus Tscherni Wit jedoch ein Buch mit sieben Siegeln. Selbst wenn der ein oder andere schon einmal etwas über seinen unvergleichlichen Geschmack und seine nahrhaften Eigenschaften gehört hat, weiß er nicht, wo diese kulinarische Verführung zu haben ist.
Wenn man in Tscherni Wit fragt, ob im Dorf noch irgend jemand Grünschimmelkäse herstellt, erhält man als Antwort lediglich ein Achselzucken. Seine Herstellung braucht kein besonderes Zutun des Menschen, da sich der Schimmel auf dem reifen Salzlakenkäse von ganz allein bildet. Die Delikatesse aus Tscherni Wit hat eine lange Geschichte. Sie erzählt vom Alltag der Menschen aus jener Zeit, in welcher Herden mit Tausenden Schafen in den Bergen des Balkans weideten. Im Sommer stellte man Käse her und lagerte ihn in kleinen Holzfässern. Dabei lief die Salzlauge allmählich ab und der Käse vertrocknete. Im Herbst kellerten die Schäfer dann alles ein, wobei nach Öffnung der Fässer die feuchte und kalte Luft im Keller dann das ihre tat. Lange Zeit wurde der bläulich-grüne Schimmel sorgfältig vom Hausherren entfernt. Heute überrascht uns das, denn gerade der Schimmel verfeinert den Geschmack und lässt den Käse zu einem nachgefragten Produkt für Feinschmecker werden.
Der Grünschimmelkäse hat bereits die Karte der kulinarischen Schätze aus Europa erobert. Womit auch Bulgarien präsent ist - als Heimat einer der drei Schimmelkäsearten auf dem Alten Kontinent, der auf ganz natürliche Weise hergestellt wird. Wie man in Tscherni Wit dem alten Rezept neuen Glanz verleihen will, erzählt uns der Bürgermeister des Dorfes Zwetan Dimitrow. Als Slow-Food-Anhänger ist er der Ansicht, dass jeder etwas zum Erhalt der wohlschmeckenden und natürlichen Produkte beitragen kann.
"Als Kind habe ich diesen grünen Käse sehr gern gegessen. Ich erinnere mich noch an seinen Geschmack, mit ihm verbinde ich den Geruch aus meiner Kindheit", schwärmt Zwetan Dimitrow. "Danach war dieser Käse lange Zeit aus Tscherni Wit verschwunden. Das war auch der Grund für den Beginn meiner Nachforschungen. Es braucht nur ein Aroma in der Luft, um uns an unsere ursprünglichen Werte zu erinnern. Eines Tages rief mich Slow Food an und unterbreitete mir das Angebot, mich an einer Expedition für interessante Milcherzeugnisse aus der Region zu beteiligen. Im ganzen Dorf konnte ich nur ein kleines Stück von diesem Käse auftreiben. Die Fachleute waren begeistert. Übrigens gab es diesen Käse nie auf dem bulgarischen Markt. Er ist nur bei einem Bewohner unseres Dorfes erhältlich. Dieser stellt hochwertigen Salzlakenkäse mit geringem Wassergehalt her. Während dessen Lagerung in Holzfässern bildet sich an seiner Oberfläche der Rockfort-Schimmel. Traditionell wird der Käse in Tscherni Wit nur aus Schaf- und Ziegenmilch hergestellt. Diese Tiere geben kürzere Zeit Milch als Kühe. Im Zuge dieser lokalen Tradition wird der bulgarische Grünschimmelkäse nicht aus Kuhmilch hergestellt, wie es in den restlichen Ländern Europas üblich ist."
Übersetzung: Christine Christov
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