Man sieht sie jeden Tag auf der Straße – obdachlose Menschen, gekleidet in Lumpen, schmutzig und heruntergekommen, wühlen im Müll nach Essensresten. Bei diesem Anblick fragt man sich nach den Werten unserer Gesellschaft, aber auch nach den Gründen, die diese Menschen obdachlos gemacht hat.
Eine Antwort darauf gibt eine Umfrage, die Freiwillige des Projekts „Stadt-Nomaden“ durchgeführt haben. Es stellte sich heraus, dass viele Menschen im Zuge der Wende zur Demokratie auf die Straße gelandet sind. Etliche wurden auch Opfer von Immobilienbetrügern, oder wurden ganz einfach wegen familiärer Probleme hinausgeschmissen. Erschreckend ist, dass ein Viertel der Obdachlosen über eine Hochschulbildung verfügt. Viele haben auch etliche Berufsjahre hinter sich, doch die Firmen, in denen sie gearbeitet haben, gibt es seit langem nicht mehr. Die wenigsten haben Sozialhilfe empfangen. Das Gros sind also Menschen, die nicht aus freien Stücken auf der Straße Leben.
Die Initiative „Stadt-Nomaden“ hat sich das Ziel gestellt, diesen Menschen soweit es möglich ist zu helfen. Freiwillige haben den Bau von mobilen Unterkünften in Angriff genommen, in denen die Betroffenen leben und sich und ihre Kleidung waschen können, was zu den Hauptproblemen dieser Menschen gehört. Das erste Häuschen dieser Art ist bereits fertig. Es besteht aus Material, das Hauptstädter als überflüssig erachtet und weggeworfen haben. Stolzer Eigentümer ist Bobby geworden, der es sogar geschafft hat, eine Arbeit zu bekommen.
Die Idee für die Initiative sei zufällig aufgekommen, als einmal beherzte Menschen Obdachlosen Nahrung und Kleidung brachten, erinnert sich Mia Agowa, eine der Initiatorinnen des Projekts.
„Wir beschlossen, uns zu vereinen und den Notleidenden organisierter zu helfen“, erzählt sie weiter. „Also bewarben wir uns beim norwegischen Hilfsfonds um eine Finanzierung. Unser Projekt wurde gebilligt und mit den bereitgestellten Mitteln in Höhe von 1.000 Euro konnten wir ein Häuschen für einen obdachlosen Mann aus Sofia bauen. Wir kauften zwei Karren, mit denen wir das ausgesonderte Baumaterial sammeln konnten und drehten auch zwei Filme über das Leben der Obdachlosen. Ich persönlich sehe einen Sinn in dieser Arbeit und möchte mich weiter der Sozialhilfe widmen. Unter den Obdachlosen sind hochintelligente Menschen, aber auch solche, die unter psychischen Erkrankungen leiden. Einige haben eine stark angekratzte Gesundheit. Als wir sie nach ihren Träumen fragten, gaben alle an, dass sie gern einer Arbeit nachgehen und in eigenen vier Wänden leben würden. Sie freuen sich auch, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt. Wir machten uns also auf und suchten ihnen Arbeit. Für einen Obdachlosen fanden wir eine Einstellung in einem Tourismuszentrum in den Rhodopen. Jetzt arbeitet er als Bäcker dort, hat bereits eine eigene Wohnung und hat die Achtung seiner zwei Töchter wiedergewonnen, die er Jahre hindurch nicht gesehen hatte. Dieser Fall beweist, dass man den Obdachlosen helfen kann, wieder auf die Beine zu kommen.“
Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow
Fotos: „Stadt-Nomaden“
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