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Armes Land, teure Wahlen

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Je teurer die Wahlen, um so niedriger die Wahlbeteiligung. Darauf lassen sich zwei in dieser Woche veröffentlichten Analysen reduzieren. Zum einen hat das Meinungsforschungsinstitut Alpha Research die Bereitschaft der Wahlberechtigten untersucht, sich an den bevorstehenden Kommunalwahlen am nächsten Sonntag zu beteiligen. Dies wollen immerhin 58 Prozent tun, ob es aber auch so kommt, ist zu bezweifeln. Und zum anderen haben Politikwissenschaftler ausgerechnet, dass die Kommunalwahlen dem Steuerzahler mehr als 25 Millionen Euro kosten werden. Die Parteisubventionen, die ja von den Parteizentralen auch für Wahlwerbung ausgegeben werden, nicht mitgerechnet.

Die Parteifinanzierung aus staatlichen Mitteln ist ein Thema, das selten Einzug in die öffentliche Diskussion hält. Dabei lohnt sich ein Blick in die Parteikassen durchaus. Denn es stellt sich schnell heraus, dass nicht nur Wahlen in Bulgarien teuer sind. Auch die Parteien kommen uns teuer zu stehen. Zum Vergleich: während die Bundestagsparteien in Deutschland grob 80 Cent pro abgegebene Wählerstimme beziehen, bekommen die Parteien in Bulgarien satte 5,50 Euro, ohne auch noch im Parlament sitzen zu müssen. Es reicht aus, mindestens 1 Prozent der Wählerstimmen bei Parlamentswahlen geholt zu haben. Der durchschnittliche Wahlberechtigte in Bulgarien zahlt also das Siebenfache, als der deutsche Wähler, und bekommt dafür 240 Parlamentsabgeordnete, die seit Jahren von nicht einmal einem Drittel der Bulgaren für vertrauenswürdig gehalten werden. Da stimmt wohl etwas im Preisleistungsverhältnis nicht.

In der Parteienlandschaft in Bulgarien blühen seit der Wende unzählige Parteiformationen, die es nie ins Parlament geschafft haben, dafür aber mit dem erreichten 1 Prozent bei Wahlen eine satte Summe aus der Staatskasse einstecken. Die Idee ist, dass somit Interessensvertreter verschiedener Bevölkerungsschichten in der Politik repräsentiert sind. Die politische Vielfalt ist aber in erster Linie durch Ideen zu garantieren, und solche haben in Bulgarien Seltenheitswert. Anders ist die chronisch sinkende Wahlbeteiligung nicht zu erklären. Dabei sparen Politiker in der Wahlnacht für gewöhnlich nicht mit indirekten Beschuldigungen, die Bürger seien an der niedrigen Wahlbeteiligung schuld.

Der derzeit laufende Wahlkampf für die Kommunalwahlen am 25. Oktober ist fad und die politischen Beobachter erwarten keine Überraschungen in der Wahlnacht. Eine Woche vor dem Stichtag bleiben mitreißende kontroverse Debatten über politische Ideen aus. Deshalb ist das Umfrageergebnis der Meinungsforscher, 58 Prozent der Wahlberechtigten würden zur Urne gehen, stark anzuzweifeln. Nicht, dass die Meinungsforscher nicht rechnen können. Bei der Umfrage haben bestimmt so viele angegeben, sie würden wählen gehen, weil es sich so gehört. Bestätigt wird diese Vermutung durch eine weitere Zahl aus der Meinungsumfrage: 40 Prozent wüssten nämlich noch nicht, für wen sie abstimmen werden. Sie würden die Parteiprogramme nicht kennen. Ihnen bleiben noch sieben Tage, um sich zu entschließen, vorausgesetzt sie gehen tatsächlich wählen. Die Abneigung, am demokratischen Prozess teilzuhaben, weitet sich aus. "Es bringt ehe nichts", hört man immer wieder als Begründung, den Wahlsonntag lieber mit der Familie zu verbringen, als mit dem Ankreuzen im Wahlzettel. Wenn man im ärmsten EU-Land lebt und kein Licht im Tunnel sieht, dass das Leben irgendwann besser wird, ist es verständlich, dass die Motivation, die Politik des Landes mitzugestalten, im Keller ist. Die Enttäuschung von den überteuerten Parteien wird auch durch ihre verachtenden Machenschaften gestärkt, wie es der Stimmenkauf ist. Je mehr Wahlberechtigte zur Wahlurne gehen, um so geringer würden die gekauften Stimmen ins Gewicht fallen.

Egal, wie viel Geld die Parteizentralen für Wahlwerbung ausgeben: auch in Bulgarien sind die Wähler mittlerweile soweit, die Politiker nach ihren Handlungen zu bewerten, als nach ihren Worten. Und dennoch: zum Demokratieverständnis gehört auch, dass man als Bürger dieses Landes die eigene Verantwortung übernimmt. Und sie drückt sich unter anderem auch darin aus, wählen zu gehen.



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