Die bürgerliche Regierungspartei GERB (Bürger für europäische Entwicklung Bulgariens) ist der große Sieger der Kommunalwahlen vom 25. Oktober und 1. November. Die Partei von Ministerpräsident Bojko Borissow sicherte sich die Bürgermeisterposten in 21 von 27 Gebietshauptstädten. Drei Gebietshauptstädte gingen an den Juniorpartner im Kabinett, den konservativen Reformblock. Die liberale Türkenpartei DPS konnte nur ihre Hochburg Kardschali in Südbulgarien halten. Und in einer Gebietshauptstadt, Pasardschik, setzte sich ein unabhängiger Kandidat durch.
Der große Verlierer dieser Wahlen ist die oppositionelle sozialistische Partei, die selbst die wenigen Bürgermeisterposten in den Gebietshauptstädten räumen musste. Die Begeisterung für die Regierungskoalition hält sich aber dennoch in Grenzen, bedenke man, dass die Wahlbeteiligung im ersten Durchgang am 25. Oktober bei 53,6 Prozent lag und in der Stichwahl am 1. November auf gerade mal 33 Prozent schrumpfte. Die Kommunalwahlen brachten noch eine aussagekräftige Zahl ans Tageslicht – 400.000 Wahlzettel mussten für ungültig erklärt werden. Bei etwa 3 Millionen Wählern sind das mehr als zehn Prozent. Parwan Simeonow vom Meinungsforschungsinstitut Gallup International kommentiert die Wahlergebnisse folgendermaßen:
„Da es de facto keine Opposition gibt, waren die Kommunalwahlen ein Rennen unter den Koalitionspartnern in der Regierung“, scherzt der Meinungsforscher. „Die GERB-Partei von Ministerpräsident Borissow darf sich zu einem überzeugenden Wahlsieg begrüßen, der zwar erwartet war, für die Zukunft aber eine gewisse Sicherheit und Stabilität garantiert. Die oppositionellen Sozialisten befinden sich auf der Talfahrt, aber sie haben etwas aus dem rasanten Tempo rausgenommen. Dennoch hat die sozialistische Partei einen Imageschaden erlitten, den es nicht so einfach zu überwinden sein wird. In der Hauptstadt Sofia, die traditionell in der Hand der Konservativen ist, blieb sie diesmal und zum ersten Mal drittstärkste Kraft. Erinnern wir uns, es gab Zeiten, da schafften es die Sozialisten locker in die Stichwahl. Die sozialistische Partei, die wir heute haben, hat mit dem Bild aus der Vergangenheit nichts mehr zu tun. Mehr noch – sie konnte nur knapp ihren Platz als zweitstärkste politische Kraft in Bulgarien halten“, kommentiert Parwan Simeonow.
Auf der Verliererseite sieht der Soziologe aber auch die liberale Oppositionspartei DPS. „Die Türkenpartei wollte mit den Wahlen zeigen, dass sie ein Faktor in der bulgarischen Politik ist, der nicht ohne weiteres zur Seite geschoben werden kann“, sagt Simeonow. Ihm zufolge ist ihr das misslungen. Der Erzfeind der Türkenpartei, der konservative Reformblock, der sich nach den Regierungsprotesten gegen die Koalition aus Sozialisten und DPS gebildet hatte, konnte seinen festen Platz in der Regierungskoalition behaupten. „Genau dagegen kämpfte die Türkenpartei an“, sagt Parwan Simeonow. Zum zweiten gescheiterten Ziel der DPS sagte er:
„Die Partei von Ljutwi Mestan schaffte es nicht, zweitstärkste politische Kraft in Bulgarien zu werden“, sagt der Soziologe. „Bei Gallup International beobachten wir seit langem den Konkurrenzkampf zwischen der Türkenpartei DPS, die heute de facto in Opposition ist, und dem Reformblock, der als Juniorpartner in der Regierung ist. Beide Parteien streiten mehr oder weniger um die Liebe des Ministerpräsidenten“, sagt Parwan Simeonow.
Die übrigen zwei Regierungsparteien in der schwierigen Vierparteienkoalition, die Patriotische Front und die sozialdemokratische ABW, dürfen mit ihren Ergebnissen durchaus zufrieden sein. Die ABW-Partei des früheren Präsidenten Georgi Parwanow ist eine Splitterpartei der Sozialisten. Aus der Sicht der angeschlagenen Sozialisten verwandelte sie sich mit diesen Wahlen endgültig in einen Störfaktor für linke Politik. Interessant wird es sein, die Entwicklungen im Reformblock zu beobachten, wo zwei Hauptflügel gegeneinander kämpfen.
„Die Partei der Vizeregierungschefin Meglena Kunewa hat bei diesen Wahlen wichtigere Posten gewonnen, als die Splitterpartei der alten Union der demokratischen Kräfte von Radan Kanew“, kommentiert Parwan Simeonow. „Während der Flügel von Kunewa die Bürgermeisterwahlen in den Gebietshauptstädten Dobritsch und Plewen gewonnen haben, scheiterte Radan Kanews Partei in Warna, Haskowo und Sofia“, analysiert Parwan Simeonow vom Meinungsforschungsinstitut Gallup International.
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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