Der Migrationsdruck und die Cyberattacken sind vom Nationalen Sicherheitsrat beim Präsidenten als das unmittelbare Risiko für die nationale Sicherheit des Landes eingestuft worden. Darauf einigten nach fünfstündigen Beratungen Parlamentspräsidentin Zezka Zatschewa, Ministerpräsident Bojko Borissow, Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew, Innenministerin Rumjana Batschwarowa, Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow, die Geheimdienstchefs und die Fraktionschefs aller Parlamentsparteien.
Derzeit haben rund 15.000 Flüchtlinge einen Asylantrag in Bulgarien gestellt, 3500 davon allein im Oktober. Der Nationale Sicherheitsrat beim Präsidenten hat der Regierung empfohlen, einen Aktionsplan über die Überwindung der Flüchtlingskrise auszuarbeiten. Darüber hinaus soll das Kabinett ein Antiterrorgesetz ins Parlament einbringen. „Die Terrorgefahr durch radikalisierte Minderheiten in den Nachbarländern stellen ein Risiko für die Sicherheit Bulgariens dar“, erklärte Staatschef Plewneliew.
„Die andauernde Flüchtlingskrise und ihre zu erwartende Vertiefung würden zum steigenden Migrationsdruck an Bulgariens Grenzen führen“, führte Plewneliew weiter aus. „Die Europäische Union ist offensichtlich weder in der Lage, ihre Außengrenzen effektiv zu schützen, noch sich auf eine gemeinsame Migrationspolitik zu einigen. Die Terrorgefahr steigt auch wegen der steigenden Zahl von europäischen Bürgern, die sich dem Islamischen Staat anschließen. Daher ist es wichtig, dass die Behörden in Bulgarien effektive Maßnahmen ergreifen, um solchen Entwicklungen vorzubeugen“, forderte Präsident Plewneliew.
Der Fraktionsvorsitzende der Patriotischen Front, Krassimir Karakatschanow, warnte vor steigenden Flüchtlingszahlen in Bulgarien, was auf die jüngste Idee der Europäischen Union zurückzuführen ist, sog. „Bearbeitungszentren" entlang der Balkanroute zur Flüchtlingsregistrierung einzurichten.
„Die größte Herausforderung für die Sicherheit des Landes sind die illegalen Migrationsströme, die in Europa unterwegs sind“, sagte Karakatschanow nach der Tagung. „Außerdem werden die Maßnahmen, die einzelne EU-Mitgliedsländer treffen, die Wege der Flüchtlinge unweigerlich ändern, so dass auch Bulgarien bald viele dieser Gäste bekommen wird.“
Nach zahlreichen Aufforderungen aus den Reihen der Opposition und der nationalistischen Formationen hat der bulgarische Präsident hat den Nationalen Sicherheitsrat einberufen, um über die geopolitischen Auswirkungen auf Bulgarien zu diskutieren. Der Fraktionsvorsitzende der Mitte-Rechts-Regierungspartei GERB, Zwetan Zwetanow kommentierte nach der Tagung:
„Bulgarien ist ein viel zu kleines Land, um von den geopolitischen Umwandlungen im Nahen Osten und Nordafrika beeinflusst zu werden, aber es liegt geografisch an einem Kreuzweg. Deshalb war auf der Tagung die Besorgnis um die Sicherheit des Landes herauszuhören“, sagt Zwetanow. „Uns allen ist klar, dass die Konflikte im Nahen Osten nicht von heute auf morgen beigelegt werden können. Deshalb war es notwendig, über die Risiken, aber auch über die gutnachbarschaftlichen Beziehungen in unserer Region zu sprechen“, so Zwetan Zwetanow.
Am Nationalen Sicherheitsrat nahm auch der Vorsitzende und Fraktionschef der oppositionellen Türkenpartei DPS, Ljutwi Mestan, teil. Vor und nach der Sitzung betonte er gegenüber Journalisten, wie wichtig es sei, die Sicherheitszone der Europäischen Union auszuweiten.
„Durch die Erweiterung der Sicherheitszone der EU, was die Erweiterung der Union bedeutet, und nicht durch Grenzschließung und Abschottung werden wir Herr der Lage“, behauptet Ljutwi Mestan. „Dabei geht es um die EU-Erweiterung auf dem Westbalkan und nach Osten. Wir haben vorgeschlagen, dass die bulgarischen Institutionen für eine gemeinsame europäische Politik in diese Richtung arbeiten, um die Eingliederung der Westbalkanländer in die EU zu beschleunigen“, so der Vorsitzende der Türkenpartei DPS.
Neben der Flüchtlingskrise einigte sich der Nationale Sicherheitsrat darauf, dass die Cybersicherheit in Bulgarien intensiv gefördert werden muss. Dazu sagte Staatspräsident Rossen Plewneliew:
„Ende Oktober, als in Bulgarien Wahlen stattgefunden haben, wurden wir Zeugen der bisher größten Hackerattacke in Bulgarien“, sagt Plewneliew. „Dass sie am Wahltag stattfand, als in einem Referendum über die Einführung der Online-Stimmabgabe entschieden werden musste, ist ganz bestimmt als eine Provokation einzustufen. Die Attacke richtete sich gegen die Internetportale zahlreicher staatlicher Institutionen und hat gezeigt, wie empfindlich wir sind. Wir brauchen eine tiefgreifende Analyse und entschlossene Gegenmaßnahmen, wobei wir auf die Unterstützung der Partnerländer haben. Bulgarien muss in Sicherheit und Verteidigung investieren. Bulgarien kann die Herausforderungen nur mit den Partnern der demokratischen Gemeinschaft und durch seine Mitgliedschaft in der EU und NATO meistern“, sagte abschließend der bulgarische Staatspräsident Rossen Plewneliew.
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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