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Selbst ein kleiner Schritt in der Justizreform kommt teuer zu stehen

Ex-Justizminister Hristo Iwanow
Foto: BTA

Im Vorfeld der Verfassungsänderungen konstatierten wir vor einer Woche, die Spannungen im Justizsystem behindern dessen Reformierung. Nach deren Verabschiedung in zweiter Lesung sind die Spannungen geblieben. Jedoch gesellten sich nun auch politische Spannungen hinzu. Das Richterkollegium des Obersten Justizrates ist mit der Bevorteilung des Staatsanwälte-Kollegiums unzufrieden. Als Zeichen der Ablehnung der verabschiedeten Änderungen legte Justizminister Hristo Iwanow sein Amt nieder. Dabei verwies er, in Bulgarien sei die Gesetzeshoheit der Hoheit des Generalstaatsanwaltes gewichen.

Staatspräsident Rossen Plewneliew stellte sich auf die Seite des Justizministers. Sein Fazit, der Preis für den politischen Kompromiss, der mit den Verfassungsänderungen eingegangen wurde, sei die Unabhängigkeit des Justizsystems. Gleichzeitig appellierte er für eine grundlegende Reform. Ministerpräsident Bojko Borissow war jedoch gegenteiliger Meinung. Er dankte dem Parlament für die erwiesene „Einheit und Stabilität“ in einer kritischen Abstimmung und sprach sich gleichzeitig für die Absetzung des Ministers aus.

Als Zeichen der Ablehnung entzog der Parteichef der Demokraten für ein starkes Bulgarien, Radan Kanew, der Regierung öffentlich das Vertrauen. Seine Partei bezeichnete das als Alleingang und ließ verlauten, man stehe als Bündnispartner im Reformblock auch weiterhin hinter dem Kabinett. Kanew selbst schloss jedoch eine Isolierung der Demokraten für ein starkes Bulgarien im Mitte-Rechts-Spektrum nicht aus. Die falsche Nachricht, dass sich die Bewegung „Bulgarien für die Bürger“ ebenfalls geschlossen aus der Regierung zurückziehe, sorgte in den Reihen der Konservativen für Zweifel, dass es sich hierbei um „Eigenbeschuss“ handle.

ABW-Parteichef Georgi Parwanow räumte ein, dass diese Nachricht von den Demokraten für ein starkes Bulgarien in Umlauf gebracht worden sei. Unter diesen Umständen bleibt die Kräfteverteilung im Parlament zwar formell gleich, ist jedoch zerbrechlicher als zuvor. Nach Ansicht von Radan Kanew formiere sich eine Regierung aus GERB, der Türkenpartei DPS und der linken ABW. Dies würde bedeuten, dass die GERB-Partei nun mit jenen regieren wolle, von denen sie zuvor abgesetzt worden sei. Die verabschiedeten Verfassungsänderungen sorgten für Proteste vor dem Parlamentsgebäude, die den Rücktritt des Generalstaatsanwalts und der Regierung forderten. Die Verfassungsänderungen sind nur ein kleiner Schritt der Justizreform in Bulgarien, der jedoch sowohl innen- als auch außenpolitisch einen hohen Preis haben wird. Welchen, wird sich spätestens Ende Januar zeigen, wenn der nächste Fortschrittsbericht der Kommission in den Bereichen Justiz und Inneres ansteht.

Übersetzung: Christine Christov



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