Zum Jahreswechsel ist Bulgarien um ein Haar einer neuen Gaskrise entgangen. Der Kasus "Overgaz-Gazprom" hat uns an die eiskalten Tage Anfang Januar 2009 erinnert, als die Ukraine im Zuge finanzieller Kontroversen mit Moskau kurzum den Gashahn abdrehte. Die Industrie wurde buchstäblich lahmgelegt. Der nachfolgende Anstieg des Stromverbrauchs hätte überlastungsbedingt beinahe zu einem Zusammenbruch des Stromnetzes geführt.
Was war Ende letzten Jahres passiert? Der russische Gazprom-Gigant informierte die bulgarische Regierung sowie die staatliche Bulgarische Energieholding und Bulgargaz, dass das Privatunternehmen Overgaz, das über 60.000 Privathaushalte und 3.000 Unternehmen mit Gas versorgt, für 2016 keine Liefermengen aus Russland beantragt habe und der Gashahn folglich zugedreht werde. Nachdem diese Information bekannt wurde, dementierte Overgaz den Erhalt jeglicher Schreiben von Gazprom, Zahlungsprobleme etc.
Nicht von ungefähr erschien Ministerpräsident Bojko Borissow bereits am ersten Arbeitstag im neuen Jahr in aller Herrgottsfrühe im Studio des Fernsehsenders bTV und versuchte, Licht in das Dunkel dieser Sache zu bringen. Er legte ein von der Overgaz-Führung unterzeichnetes Dokument vor, in welchem Bulgargaz darum gebeten wird, den Gashahn aufzudrehen, um die Situation zu retten. Ob es normal sei, dass am Silvesterabend Verträge unterzeichnet würden, fragte Premier Borissow rhetorisch die Fernsehzuschauer. Auch, so Borissow weiter, hätte das russische Gazprom keinerlei Schuld an der Overgaz-Krise. Das Vorgehen von Overgaz wertete er dagegen als Versuch, die Regierung zu destabilisieren. Wenn die Tausenden Overgaz-Kunden ab 1. Januar im Kalten gesessen hätten, hätten sie mit Sicherheit nicht das Overgaz-Unternehmen, sondern Regierungschef Borissow verflucht. Die Overgaz-Aussage, dass jemand dem Unternehmen das Gasgeschäft abluchsen wolle, bezeichnete der Premier als Dreistigkeit.
Diverse Experten bezeichneten den Kasus als "kriminelles Vaudeville". Andere sangen erneut das altbekannte Lied, Bulgarien müsse seine Gaslieferquellen diversifizieren. So oder so waren wir jedoch erneut mehrere Tage lang Zeugen typisch bulgarischer Machenschaften hinter den Kulissen. Innenpolitisch sollten sie offenbar die politische Lage im Lande destabilisieren, wie auch Premier Borissow vermutete. Seine Regierung hat mit dem Wechsel des Koalitionspartners "Demokraten für ein starkes Bulgarien" in die Opposition bereits eine schwierige Zeit durchgemacht. Auch ist es noch gar nicht solange her, da sich seine Regierung im Zuge von Massenprotesten gegen die hohen Stromrechnungen gezwungen sah, das Amt niederzulegen. Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es unter jenen, die im bulgarischen Energiewesen schalten und walten, sicherlich Turbulenzen, die offenbaren, dass es an der Zeit ist, "das Territorium aufzuteilen".
Auch wäre es nicht verwunderlich, wenn die Beinahe-Gaskrise in Bulgarien ein Signal für etwas noch Größeres gewesen wäre – etwa in Verbindung mit dem Gasknotenprojekt in Bulgarien nach dem Scheitern von South Stream. Sie könnte aber auch etwas mit dem ungesättigten Interesse diverser US-Konzerne an der Erschließung von Schiefergasvorkommen in Bulgarien zu tun gehabt haben.
Übersetzung: Christine Christov
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