„Trotz der Risiken entwickelt sich die bulgarische Wirtschaft gut.“ Das sagte der bulgarische Staatspräsident Rossen Plewneliew auf dem 10. Jahrestreffen der bulgarischen Unternehmer und der Regierung. Das Forum lief in Sofia unter dem Motto: „Bulgarien mitten in der globalen Unsicherheit – Risiken und Möglichkeiten für die Wirtschaft“.
Plewneliew umriss kurz die heutige Lage auf der Balkanhalbinsel: „Heutzutage wächst die gegenseitige Abhängigkeit. Wir arbeiten nunmehr an einem Vertrauenszuwachs. Wir stellen keine wirtschaftlichen Hürden auf, wir setzen auch keine neuen Grenzen. Wir wollen, dass sie fallen und nicht, dass sie sich verändern. Niemals zuvor spielte die Zusammenarbeit und die gutnachbarschaftlichen Beziehungen eine so bedeutende Rolle innerhalb der Entwicklung“, betonte der bulgarische Staatspräsident.
Plewneliew kam in seinen Ausführungen auch auf die Missstände zu sprechen, die die Wirtschaftsentwicklung hemmen. Darunter seien die Wirtschaftsoligarchie und die Schattenwirtschaft. Dringendst notwendig seien Reformen, nicht nur in Bulgarien, sondern in der gesamten Region. Sie betreffen das Justizsystem, die elektronischen Dienstleistungen und das E-Government, die Transparenz in den öffentlichen Aufträgen und die Antikorruptionsgesetzgebung.
Mit dieser Aussage bestätigte Plewneliew, dass er mit der Regierung in einer Spur liegt, die innerhalb der anvisierten Justizreform gleich fünf Gesetzentwürfe vorlegen wird. Der bulgarische Staatspräsident legte ferner den anwesenden Geschäftsleuten nahe, in ihrer Denkweise nicht nationale, sondern regionale Maßstäbe anzulegen. Auch der anwesende EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen Johannes Hahn stimmte dem zu und betonte die Bedeutung der EU-Fördergelder. Was den Export anbelangt, unterstrich der EU-Kommissar die Stellung Deutschlands. Die bulgarische Ausfuhr dorthin habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.
Das hat sich auf die Wirtschaft positiv ausgewirkt, wobei Wirtschaftsminister Boschidar Lukarski sogar auf ein höheres Wirtschaftswachstum hofft, trotz der komplizierten Lage im Nahen Osten, des Konflikts zwischen Russland und der Türkei und der stockenden Wirtschaftsentwicklung in China. Lukarski rechnet auch mit einem spürbaren Zuwachs an Investitionen. Es müssen jedoch einige Hürden beseitigt werden:
„Es fehlt an qualifizierten Fachkräften und Managern in den mittleren und höheren Etagen der Wirtschaft“, klagt er. „Das trifft vor allem im Maschinen- und Fahrzeugbau zu. Auch mangelt es an Ingenieuren und Informatikern.“
Das bestätigten die anwesenden Unternehmer. Iwan Michajlow von Visteon Electronics meinte, dass die ausgewanderten Fachkräfte nicht zurückkehren, ganz einfach weil ihnen nichts Lukratives geboten werde.
„Wir müssen sie ganz einfach stimulieren, doch das kann nur mit Hilfe des Staates geschehen“, ist der Geschäftsmann überzeugt. „Die Menschen sind von Bedeutung; die Technologien können wir uns immer kaufen, oder selbst entwickeln. Es bedarf an Fachpersonal, damit es in der Wirtschaft weiter aufwärtsgeht. Auch die Geschäftsbedingungen und der Export könnten noch einige Verbesserungen, sprich Vergünstigungen erhalten.“
Der Vizepremier für EU-Mittel und Wirtschaftspolitik Tomislaw Dontschew warf seinerseits ein: „In einem Land mit etwas mehr als 3 Millionen Beschäftigten, mehr als 2 Millionen Rentnern, fast 300.000 Arbeitslosen, fast genau so viel Studenten und doppelt so viel Schülern, kann man kaum von einer allzu stabilen gesellschaftlichen Struktur sprechen. Unsere große Aufgabe ist, die Arbeitskräfte im Land zu halten und die Ausgewanderten zur Rückkehr zu bewegen.“
Laut Dontschew würde ferner die Korruption das Wirtschaftswachstum behindern. „Das Schlimmste an der Korruption ist, dass sie die Konkurrenz unterläuft“, sagt der Vizepremier weiter. „Solange die Korruption stark ist, braucht man sich nicht anzustrengen, besser zu werden und in Konkurrenz zu treten. Die Korruption verzerrt die Spielregeln und das tiefgreifend!“
Was den Energiebereich anbelangt, umriss die Energieministerin Temenuschka Petkowa ihrerseits drei Prioritäten: Finanzstabilität in der Branche, vollständige Liberalisierung des Energiemarktes und Diversifizierung der Energiequellen. Sie unterstrich, dass die unabhängige bulgarische Energiebörse nunmehr in Echtzeit funktioniere.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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