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Orbáns Zaun passt Bulgarien wohl kaum

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Eine Woche, nachdem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán Bulgarien und Mazedonien den Bau eines Zauns an der Grenze zu Griechenland empfohlen hatte, um den Flüchtlingsandrang zu dämmen, hat er unser Land besucht. In Sofia lud Orbán seinen bulgarischen Amtkollegen Bojko Borissow ein, sich am 15. Februar am Treffen der Länder der sogenannten Visegrád-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei) zu beteiligen, während dem man an einer gemeinsamen Haltung feilen will, die die Gruppe auf der Sitzung des Europäischen Rats zur Flüchtlingsfrage vertreten wird.

Orbán gab zu verstehen, dass er diesbezüglich mit der Kooperation Bulgariens rechne. Borissow wiederum hat sich die Argumente des ungarischen Regierungschefs verständnisvoll angehört. Zu ihrer beiden Amtszeit waren Bulgarien und Ungarn mit die ersten, die trotz vehementer Kritik Zäune an den Grenzen zu ihren Nachbarn errichtet haben und auch heute vertreten Orbán und Borissow ähnliche Haltungen. Nicht von ungefähr hat Borissow gleich nach ihren Unterredungen sein Statement bekräftigt, Europa müsse unverzüglich seine Außengrenzen für Immigranten schließen, bis man die bereits eingereisten versorgt hat. Er sagte das im Brustton der Überzeugung. Nachdem er während mehreren Sitzungen des Europäischen Rats diese These vertreten und niemand sie beachtet habe, seien Finnland, Schweden und andere Länder nun dabei, Flüchtlinge abzuweisen, so Borissow.

Er hob allerdings einen wichtigen Unterschied zwischen sich und Orbán hervor. Sein ungarischer Amtskollege habe viel entschiedener gehandelt und sein Land schneller abgezäunt, meinte Borissow. Dieser Unterschied sticht sogar noch deutlicher ins Auge, wenn von der sogenannten „zweiten Verteidigungslinie“ in Bulgarien und Mazedonien gegen die Immigranten die Rede ist. Bojko Borissow wird sicherlich nicht die nötige Entschlossenheit aufbringen, einen weiteren Zaun an der Grenze zu Griechenland zu bauen, da es im Unterschied zur Türkei nicht nur EU-, sondern auch Schengenmitglied ist. Für Borissows Zurückhaltung gibt es auch andere triftige Argumente. Bis dato findet die Idee von Grenzzäunen EU-weit keinen Zuspruch. Die EU-Länder, die wieder Grenzkontrollen eingeführt haben, überwachen ihre Grenzen, ohne Schutzmauern zu bauen. Konkret an der Grenze zu Griechenland begegnet die EU der Flüchtlingswelle durch einen kollektiven Einsatz der Frontex, an dem sich auch Bulgarien mit einem Schiff der Küstenwache vor der Insel Lesbos und an Landeinsätzen der Grenzschutzbehörde beteiligt, wo Experten die Grenzen überwachen, die Herkunft der Flüchtlinge bestimmen und ihnen Fingerabdrücke abnehmen. Nachdem die Frontex Maßnahmen zur Eingrenzung des Flüchtlingszustroms über die Westbalkanländer getroffen hat, warnte sie Bulgarien im Oktober vor einer neuen Flüchtlingswelle aus Richtung Türkei.

Während seiner Visite in Sofia hat der ungarische Ministerpräsident erneut seine Unterstützung für den Schengen-Vollbeitritt Bulgariens bekundet. Orbáns Worten zufolge verwende man für Bulgarien einen Doppel-Standard. Brüssel müsse eingestehen, dass Sofia die Flüchtlingskrise am besten bewältigt habe. „Wenn Europa korrekt sein will, muss es Bulgarien den Schengenbeitritt vorschlagen“, soweit „Bulgarien gewillt sei, einer Institution beizutreten, die derzeit im Sterben liege“, so Orbán.

Ungeachtet aller Schwierigkeiten, vor die sich der Schengenraum derzeit gestellt sieht, ist Bulgarien weiterhin an einer Vollmitgliedschaft interessiert. Die Wahrheit aber ist, dass unser Land wegen Problemen mit der Korruption und der Obrigkeit des Gesetztes nicht dort aufgenommen wird und nicht etwa wegen dem Schutz der EU-Außengrenzen. Der jüngste Fortschrittsbericht der EU-Kommission hat diese Reserven noch bekräftigt. Eine Mauer an der Grenze zu einem Schengenland, wie Griechenland es ist, würde die Zahl der Gegner unseres Schengenbeitritts nur um noch ein Land erweitern.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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