Bis Ende dieser Woche ist in der Sofioter Stadtgalerie eine Ausstellung mit Werken des heute 92jährigen Malers, Graphikers und Illustrators Ljuben Sidarow zu sehen. Die Galerie zeigte auch einen Dokumentarfilm über den Künstler, der über 200 Bücher illustriert hat.
Über Sidarow und sein Werk unterhielten wir und mit Anton Stajkow; er ist Coautor des Drehbuches, Kunstwissenschaftler und Maler.
„Ljuben Sidarow ist für die bulgarische bildende Kunst aus mehreren Gründen von Bedeutung“, äußert der Kunstexperte. „An erster Stelle muss gesagt werden, dass er seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis heute ein aktiver Künstler ist. Er hat die verschiedensten Strömungen erlebt und mitgemacht. Es ist also sehr interessant, die Entwicklung in seinem langjährigen Schaffen zu verfolgen.“
Was bedeutet es, die Werke von über 200 Autoren zu illustrieren?
„Man muss sie als aller erstes gelesen haben“, antwortet Anton Stajkow. „Danach muss man sich in das jeweilige Buch förmlich einleben, um es auch wirklich illustrieren zu können. Dabei ergibt sich auch die große Verantwortung, denn „illustrieren“ heißt „interpretieren“. Mit den Jahren haben sich seine Interpretationen mit den Veränderungen seiner eigenen Ansichten ebenfalls geändert. Obwohl die Arbeiten von Ljuben Sidarow unverkennbar sind, unterscheiden sie sich stets von Autor zu Autor. Es gibt übrigens Schriftsteller, an dessen Werken er rund 60 Jahre gearbeitet hat. Er hat sich also genügend Zeit genommen, um sich die Autoren zu verinnerlichen.“
Die Ausstellung in der Sofioter Stadtgalerie verdeutlicht die schöpferische Entwicklung von Ljuben Sidarow. Gezeigt werden Illustrationen zu ein und demselben Buch, das jedoch in den Jahren in verschiedenen Ausgaben und mit neuen Illustrationen erschienen ist.
„Ljuben Sidarow ist ein äußerst fruchtbarer und vielseitiger Künstler“, setzt Kunstwissenschaftler Stajkow fort. „Er hat beispielsweise sogar Stühle entworfen, Gegenstände aus Leder und Wandteppiche gefertigt. Außerdem beherrscht er ausgezeichnet die Aquarelltechnik, wovon sein Pariser Zyklus zeugt. Auch seine Portraits sind bemerkenswert. Seine Selbstbildnisse nehmen dabei eine besondere Stellung ein, denn durch sie ironisiert er die Welt auf eine theatralische Art und Weise. Das schauspielerische Talent blickt in diesen Werke durch.“
Fiel es leicht, die Erinnerungen des Künstlers zu wecken, als der Dokumentarfilm über ihn gedreht wurde?
„Uns war wichtig, ihn dazu zu bringen, ganz von selbst über seine Erlebnisse und sein Schaffen in all den Jahren zu sprechen – er sollte uns aus eigenen Stücken sein „Ich“ offenbaren“, antwortet der Coautor des Drehbuches Anton Stajkow. „Und so erzählte Sidarow über seine Familie und seine Kindheit, ferner über wichtige Treffen und kuriose Erlebnisse, über Reisen und den Beziehungen zu anderen Künstlern. Ich denke, dass es uns gelungen ist, den Künstler ungezwungen über sich und seine Zeit sprechen zu lassen.“
Die Regie führte Maria Nikolowa. Sie verriet uns, dass sie über den klaren Geist des 92jährigen und seine präzisen Einschätzungen überrascht gewesen sei.
„Ich denke, dass aus Ljuben Sidarow, wenn er irgendwo anders zur Welt gekommen wäre, stets ein großer Künstler geworden wäre“, sagt die Regisseurin weiter. „Er ist ein äußerst individueller Künstler, der beeindruckend originelle Werke geschaffen hat. Daher ist er als ein nationaler Reichtum zu betrachten. Die Auszeichnungen, die er auch im Ausland erhalten hat, belegen es. Darunter sind eine Gold- und eine Silbermedaille der Internationalen Buchmesse in Leipzig.“
Werke von Ljuben Sidarow sind Eigentum angesehener internationaler Kollektionen, doch das lässt ihn nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Unbeirrt arbeitet er weiter und strebt nach einer geistigen nun nach einer künstlerischen Läuterung.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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