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Das Dorf Alino und seine Musikfolklore

Foto: vestnikpriatel.com

Die Gruppe für authentische Folklore des Dorfes Alino bei Samokow in Westbulgarien hütet seit Jahrzehnten uralte Gesänge, wird aber gleichzeitig von einem jungen und energischen Mann – Momtschil Tschalakow, geleitet. Er stammt aus Alino und war schon immer vom antiphonalen Gesang der Frauen seines Dorfes wie verzaubert. Bei dieser Gesangsweise, die auch als wechselchöriges Singen bezeichnet wird, wechseln sich jeweils zwei Sängerinnengruppen ab – die eine beginnt und die andere „antwortet“.

Doch nicht nur diese archaischen Lieder haben Momtschil Tschalakow stark beeindruckt. Er war noch ein Kind, als er eines Tages eine Melodie hörte, die auf einer äußerst schlichten Flöte gespielt wurde, die man landläufig „Pischtjalka“ (abgleitet vom Wort „pischtja“, zu Deutsch „kreischen“) nennt. Der Klang der Schäfermelodie sollte sein Leben verändern – er begann sich für die Musikfolklore seines Dorfes stark zu interessieren. Das Interesse an der Musik scheint ihm aber schon in die Wiege gelegt worden zu sein, denn seine Großmutter, deren Schwestern und überhaupt fast alle Mitglieder seiner Sippe galten in Alino als ausgezeichnete Sänger. Von ihnen lernte er auch die Gesänge, die heute den Kern des Repertoires der Gruppe für authentische Folklore des Dorfes Alino bilden – immerhin insgesamt mehr als 200 Lieder.

Über Alino sagt man, dass es von Gott mit Liedern, reichen Traditionen, aber auch einer wunderschönen Natur gesegnet worden sei. Momtschil Tschalakow erzählte uns mehr:

Das Dorf liegt unweit von Sofia am Fuße des Plana-Gebirges. Es gibt hier viele Sehenswürdigkeiten, auf die wir sehr stolz sind. Nördlich von Alino befindet sich im Gebirge das Kloster „Christi Himmelfahrt“. Eine Legende erzählt, dass es sogar älter als das Rila-Koster sei. Ausgemalt wurde es aber erst 1626. Als Bauherr gilt ein reicher Bürger aus Wratza, der an diesem Ort Schutz gefunden habe. Aus Dankbarkeit ließ er das Kloster errichten. Noch etwas nördlicher befindet sich der sogenannte „Jungfrauen-Felsen“. Aus ihm entspringt eine Quelle, dessen Wasser Heileigenschaften nachgesagt werden. Die Nikolauskirche mit ihren Wandmalereien aus dem Jahre 1863 steht in der Liste der Kulturdenkmäler Bulgariens. Östlich des Dorfes liegen sechs thrakische Grabhügel und im Süden, in der Gegend „Erzengel Michael“ ist ein antiker Steinsarkophag erhalten. Es wird erzählt, dass darin die Tochter eines namhaften Römers bestattet worden ist. Unser Kulturhaus, das nach dem Nationalhelden Wassil Lewski benannt ist, stellt seit seiner Erbauung 1937 das geistige und Kulturzentrum unseres Dorfes dar. Es war schon immer sehr aktiv. 1965 wurde darin eine Gesangsgruppe gegründet. Bereits bei ihrer ersten Teilnahme an einem Wettsingen erhielt sie eine Goldmedaille. Bis heute fesseln ihre Interpretationen die Experten und das Publikum gleichermaßen.

Obwohl die Lieder des Dorfes Alino zur Gruppe der zweistimmigen Gesänge der bulgarischen Folkloreregion der Schopen im mittleren Westen des Landes gehören, weisen sie Besonderheiten, sowohl in der Gesangsweise, wie auch der Melodie auf. Momtschil Tschalakow wies darauf hin, dass die Lieder nicht einfach zu Singen sind und sich leider nur wenige junge Menschen für die alten Traditionen begeistern lassen. Die Dorffeste werden aber nach wie vor ausgiebig gefeiert und zu ihnen kommen alle aus Alino stammenden Familien. Tschalakow nannte uns einige Anlässe:

Weihnachten ist für uns ein großes Fest, wie auch Ostern, der Georgs- und der Theodorstag. Zu Christi Himmelfahrt wird ein großes Dorffest auf der Wiese vor dem Kloster veranstaltet. Vermerkt werden auch Mariä Himmelfahrt am 15. August und Mariä Geburt am 8. September. Zwischen beiden Feiertagen findet immer am letzten Samstag des August das große Dorffest statt. Zu allen diesen Festen singt natürlich auch unsere Gesangsgruppe.“

Der junge und energische Leiter der Gruppe für authentische Folklore des Dorfes Alino ist ständig auf der Suche nach neuen Aktivitäten für die Sängerinnen – seien es Festivals, Konzerte oder Medienauftritte. Auf die Popularität der Gruppe sind natürlich alle Dorfbewohner stolz. Sie würden sich aber gern wünschen, dass die Lieder von Alino in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen werden.

Übersetzung: Wladimir Wladimirow



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