Die älteren Bulgaren haben mit Sicherheit die emaillierten Schilder aus sozialistischen Zeiten in Erinnerung, die in heimischen Straßen, Produktionshallen und an öffentlichen Orten zu sehen waren. Auf ihnen prangen oft kurios anmutende Sprüche, die nach wie vor spaßig klingen. Auf diese emblematischen Straßenschilder haben es viele passionierte Sammler abgesehen. Wenn sich aber Sammlerleidenschaft und der Beruf des Historikers paaren, kann das überraschende Ergebnis eine Ausstellung in der Scheune sein. In einer Scheune hat nämlich Plamen Sabew, der Direktor des Geschichtsmuseums in der nordostbulgarischen Stadt Popowo, seine Schildersammlung zu Schau gestellt.
„Ich interessiere mich für Dinge, deren Zeit bereits abgelaufen ist und die weggeworfen werden, aber auch für den Geist jener Zeit, die reich an Verboten war und sie den Leuten einzubläuen versuchte. Genau diesen Zweck mussten diese Schilder meiner Meinung nach erfüllen“, sagt Plamen Sabew. „Meine Philosophie ist eine andere – Erziehung kann nicht über Verbote, Mahnungen und Anweisungen erfolgen. Doch das war zu jener Zeit so üblich. Wir sollten auch anhand dieser Schilder die Erinnerung daran am Leben erhalten“, meint er.
Die Schilder sind Zeugnisse jener Zeit, wie würden sie aber in den Augen unserer Nachfahren in sagen wir 1.000 Jahren aussehen?
„Sie werden auf jeden Fall eine Erinnerung an uniformierte Zeiten sein“, glaubt Plamen Sabew. „Nur wüsste ich nicht zu sagen, ob die Gesellschaft in 1.000 Jahren nicht noch uniformierter wäre – wenn die Menschen nicht mehr denken, sondern programmiert werden, wohin sie zu gehen, was sie zu tun haben usw. - die Anweisungen auf den Schildern befolgend. Ohne ein Phantast zu sein, nehme ich an, dass eine Zeit der Ordnung, der Normen und Rahmen eintreten könnte. Derzeit sind Schilder nicht in Mode, aber wir sammeln die aus früheren Zeiten und erinnern uns voller Sehnsucht an sie, obwohl das auch nicht lobenswert ist.“
Das Schild, das Plamen Sabew gern in seiner Sammlung haben würde, lautet: „Die Volksmiliz ist das schlagende Herz der Partei“ – Der fragliche Geistesblitz eines nicht besonders intelligenten Parteigenossen ist ziemlich zweideutig und erweckt unbeabsichtigte Assoziationen. Im Unterschied zu früher hat die Nachwendezeit keine originellen Aufschriften geboren, sondern nur die Technologie der alten kopiert, meint der Historiker. Obwohl die neuen Schilder auch aus Emaille gefertigt sind und den originellen ähneln, sind sie nicht authentisch. „Beim Kapitalismus wird der Mensch durch den Menschen ausgebeutet, beim Sozialismus ist es umgekehrt“ lautet beispielsweise eine der zahlreichen Imitationen im Internet.
Echte Schilder kann man noch im Altmetallhandel oder in der Nähe alter Gebäuderuinen finden. „Wenn man sie von einem Freund bekommt, sind sie ein Geschenk, das viele Erinnerungen wachruft“, sagt Plamen Sabew, dem die Geschichte des Fundes viel wichtiger ist als der Fund an sich. Eines Tages will er seine Sammlung dem Museum in Popowo vermachen, wie er das bereits mit seiner Sammlung von antiquarischen Büchern mit Autogrammen getan hat.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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