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Wasser aus dem Hahn: Menschenrecht oder Luxus-Ware?

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55 Prozent des Wassers in Sofia fließen einfach auf die Straße, behauptet das Komitee zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Bulgarien.
Foto: Archiv

„Die geforderte 20prozentige Preiserhöhung für Trinkwasser in der Hauptstadt Sofia ist einem Völkermord gleichzusetzen.“ Diese starken Worte gehören Gantscho Hitrow, Vorsitzender eines Komitees zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Bulgarien. Die Preiserhöhung sei ihm zufolge unbegründet und unsozial, da sie mehr als 350.000 Hauptstädter bei der Nutzung dieser natürlichen Ressource stark einschränken werde.

Das Trinkwassernetz von Sofia hat große Reserven, es geht viel Wasser verloren“, behauptet Gantscho Hitrow. „2014-2015 versuchten die Stadtwerke, eine 15prozentige Preiserhöhung durchzusetzen, dann hieß es, der Preis solle um lediglich 7 Prozent angehoben werden. Wir haben uns allerdings rechtzeitig eingemischt und das Stadtparlament hat die Preiserhöhung gestoppt. Doch, der Kampf geht weiter“, warnt Hitrow.

Die Stadtwerke in Sofia – eingemischtwirtschaftliches Unternehmen, versuchen seit einigen Jahren, eine Preiserhöhung durchzubringen. Derzeit zahlen die Sofioter knapp ein Euro pro Kubikmeter Trinkwasser. Eine Preiserhöhung würde die Gewinnspanne des Trinkwasserversorgers enorm erhöhen, behauptet Gantscho Hitrow.

Stiege der Kubikmeterpreis um lediglich 50 Cent, bringe das den Stadtwerken bis zu einer halben Million Euro mehr Einnahmen im Jahr“, hat Gantscho Hitrow ausgerechnet. „Zur Begründung sagen die Stadtwerke, ihnen fehle das Geld für Investitionen und Instandhaltung des Trinkwassernetzes. Vielmehr geht es dabei um große Infrastrukturprojekte, die aus unserer Sicht nicht unbedingt notwendig sind.“

Dazu gehört auch die dringend notwendige Festigung eines Staudammes. Die Stadtwerke haben gedroht, die Reparaturarbeiten nicht vorzunehmen, würde die Preiserhöhung vom Stadtparlament nicht gebilligt. Doch, die Preisbildung für Trinkwasser ist in Bulgarien immer noch nicht liberalisiert. Die Trinkwasserrechnung darf nicht höher als 3,5 Prozent des monatlichen Einkommens der Privathaushalte ausmachen. Genau diese Rechnung würde nicht aufgehen, käme es zu der geforderten Preiserhöhung.

Es gibt viele Ungenauigkeiten bei der Abrechnung des Trinkwassers in Sofia“, behauptet Gantscho Hitrow. „Außerdem ist der Versorger in der Hauptstadt ein Monopolist und die Verbraucher haben keine andere Chance, an Trinkwasser zu kommen. Es kann nicht sein, dass die Trinkwasserpreise in anderen Städten des Landes um 3 bis 4 Prozent angehoben werden, und in Sofia – um 20 Prozent“, ärgert sich der Ingenieur.

Noch mehr Grund zum Ärgern gibt die Tatsache, dass im maroden Leitungsnetz so viel Wasser verloren geht, dass man damit eine Kleinstadt versorgen könnte.

1998 flossen 65 Prozent des Wassers einfach auf die Straße“, behauptet Hitrow. „Seitdem sollten diese Verluste auf 32 Prozent gesenkt werden. Heute liegen sie bei 55 Prozent. Hätten die Stadtwerke die Verluste eingedämmt, würden sie heute keine Preiserhöhung brauchen, um investieren zu können.

Deutsche Fassung: Vessela Vladkova



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