Im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit für alle Katholiken trifft an diesem Sonntag der Kardinal Pietro Parolin in Bulgarien ein. Er ist der Staatssekretär des Heiligen Stuhls, welches das höchste Amt der römischen Kurie ist. Er wird in Sofia die grundlegend renovierte Kirche „Mariä Himmelfahrt“ der katholischen Ostkirche weihen und mit hochrangigen Vertretern von Staat und Kirche Gespräche führen.
Pietro Parolin ist mit seinen 61 Jahren der jüngste geistliche auf diesem überaus wichtigen Posten – er gilt alserster Mitarbeiter des Papstes und ist der höchste Repräsentant der diplomatischen und politischen Aktivitäten des Heiligen Stuhls. Dimitar Gantschew von der bulgarischen Redaktion von Radio Vatikan erzählte uns mehr über ihn:
„Pietro Parolin hat die Päpstliche Diplomatenakademie absolviert, war zehn Jahre stellvertretender Außenminister, Mitarbeiter in den Apostolischen Nuntiaturen in Nigeria, Mexiko, Kolumbien und Venezuela und war der erste Vertreter des Vatikan, der zum Schutz der religiösen Freiheiten Kontakte mit der kommunistischen Regierung in Vietnam aufnahm. Er hat an schwierigen Orten gearbeitet und hat vieles innerhalb der Diplomatie des Heiligen Stuhls erreicht. Ihm ist es zu verdanken, dass die Kontakte zu China wieder aufgenommen wurden und 2007 Papst Benedikt XVI. ein Schreiben an die Katholiken in China verfasste, das als eines der wichtigsten Dokumente während seines Pontifikats angesehen wird. Kardinal Parolin hat als Diplomat Karriere gemacht, er ist aber vor allem ein Priester. Wie er selbst sagt, sehe er in der Diplomatie nur ein Mittel, um Priester zu sein. Er bezeichnet sich als Diplomat des Evangeliums.“
In Sofia wird Kardinal Parolin ein Gotteshaus neu weihen, das der katholischen Ostkirche gehört. Es handelt sich hierbei um eine christliche Glaubensgemeinschaft, die auf mehr als 160 Jahre Geschichte zurückblicken kann. In den Zeiten der Fremdherrschaft und religiösen Unterdrückung erkannten etliche Bulgaren den Papst als ihr geistliches Oberhaupt an – es wurde eine Union mit dem Heiligen Stuhl geschlossen und daher spricht man auch von einer „unierten Kirche“. Die Riten der Ostkirche wurden jedoch beibehalten.
Der hohe Besuch kann als ein weiter Schritt zur Annäherung von Ost- und Westkirche angesehen werden, meint Dimitar Gantschew von Radio Vatikan. Vorgesehen sind Treffen mit dem Staatspräsidenten Rossen Plewneliew, dem Premier Bojko Borissow, aber auch dem Großmufti der Moslems in Bulgarien Mustafa Hadschi. Der Gast wird ferner von Seiner Heiligkeit den bulgarischen Patriarchen Neofit empfangen werden. Dieses Treffen war bereits im Oktober vergangenen Jahres vereinbart worden, als der Päpstliche Nuntius Anselmo Guido Pecorari beim Patriarchen vorsprach.
„Bereits da wurden die Gesprächsthemen vereinbart“, erzählt der bulgarische Journalist von Radio Vatikan. „Es wird um die Fürsorge für die Ärmsten, den Umweltschutz und vor allem um die Flüchtlinge gehen. Vor Bulgarien wird Kardinal Parolin das benachbarte Mazedonien besuchen, wo er ebenso über die Flüchtlingsproblematik reden wird. Das ist auch für Bulgarien ein überaus wichtiges Thema, so dass man einiges von den Gesprächen mit dem bulgarischen Patriarchen erwarten kann.“
Hinsichtlich der Flüchtlinge haben bisher beide Kirchen unterschiedliche Standpunkte vertreten. Während die Bulgarische Orthodoxe Kirche aufrief, keine weiteren Migranten aufzunehmen, appellierte der Papst an die Regierungen und Völker, sich ihnen gegenüber zu öffnen.
„In einer Erklärung, die Papst Franziskus und der Patriarch von Moskau und ganz Russland Kyrill während eines Treffens auf Kuba im Februar vergangenen Jahres unterzeichneten, wurde die einhellige allgemein-christliche Beziehung gegenüber den Flüchtlingen zum Ausdruck gebracht“, erinnert Dimitar Gantschew. „Bereits beim Treffen mit dem bulgarischen Patriarchen betonte der Nuntius die geteilte Sorge des Papstes über die Flüchtlinge, unterstrich aber gleichzeitig, dass sie alle Gesetze und die öffentliche Ordnung in den Ländern, in denen sie Zuflucht finden, einhalten müssen ohne dass ihnen gesonderte Privilegien zuteil werden. Die Christen sollen die Flüchtlingsfrage rein christlich betrachten, was auch aus allen Bischofskonferenzen in Europa hervorgeht. Der Papst appellierte erneut auf seiner Mittwochsaudienz an die Staatschefs in Europa, ihre Herzen und die Tore ihrer Länder für die Migranten und Flüchtlinge zu öffnen.“
Es ist an der Zeit, dass diese internationale Frage endlich eine Antwort erhält, ist Gantschew überzeugt. Er erinnerte gleichzeitig auch daran, dass im vergangenen Jahr der 25. Jahrestag seit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bulgarien und dem Vatikan begangen wurden. Der entsprechende Vertrag sei jedoch weiterhin nicht unterzeichnet. Erst danach könnte die katholische Kirche als juristische Person anerkannt werden, damit sie ihre Präsenz u.a. in Armee, Krankenhäusern und Haftanstalten bekunden kann.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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