Am heutigen Tage begeht man auch in Bulgarien das Fest Mariä Verkündigung, das in der Orthodoxie mit zu den größten Feiertagen gehört. Die Bezeichnung des Festes gibt seinen Sinn wieder: der Jungfrau Maria wird die frohe Botschaft über die Empfängnis und die Geburt des Gottessohnes Christus verkündigt. Ob Zufall oder nicht – der Feiertag folgt fast unmittelbar dem astronomischen Frühlingsanfang und so wird die Empfängnis des Erlösers mit dem Erwachen der Natur, mit dem Entstehen neuen Lebens in Verbindung gebracht. Dieser Feiertag ist übrigens der einzige bedeutende im orthodoxen Kirchenkalender, an dem die Hausarbeit nicht untersagt ist. Im Gegenteil! Dem Volksglauben nach wurde in den Häusern gründlich sauber gemacht, um den Frühling würdig zu empfangen. Ferner wurden gerade an diesem Tag die Ohren der Mädchen durchstochen – man glaubte, dass die Wunden dann leichter heilen würden. Auch pflanzte man das erste Gemüse, das so besonders schmackhaft werden sollte.
Das Wunder der unbefleckten Empfängnis hat seinerseits natürlich die Phantasie des Volkes herausgefordert. So findet man in einer Reihe von Überlieferungen und Liedern verschiedene Deutungen, wie Maria ihre Jungfräulichkeit bewahrt habe. In einem der Texte heißt es, sie habe an einer duftenden Blume gerochen und ihr starkes Aroma habe sie geschwängert. Gemeint ist die Madonnen-Lilie, die tatsächlich in voller Blüte einen berauschenden Geruch verströmt. Daher überreicht in der Verkündigungsszene der Erzengel Gabriel Maria eine solche Lilie. Es gibt aber auch Überlieferungen, laut denen es das Basilikum-Kraut gewesen sei, an dem Maria gerochen habe. Es riecht nicht nur stark, sondern gilt in der orthodoxen Welt allgemein als Kirchen- oder Christusblume. Häufig wird mit einem Basilikum-Strauß auch die Wasserweihe vorgenommen. Basilikum wachse am Grab des Erlösers und besitze die Kraft, böse Geister zu vertreiben. Und so pflanzte man gerade am Verkündigungstag auch Basilikum aus.
Parallel zum Kirchenfest hielten sich unsere Vorfahren an einer Reihe von rituellen Handlungen und Tabus. Man darf nicht vergessen, dass das Fest in der großen Fastenzeit vor Ostern lag, für die strengste Enthaltsamkeit geboten war. Im Volksglauben war dies auch die Zeit des Übergangs, wenn die Natur aus dem langen Winterschlaf erwacht und sich darauf vorbereitet, Früchte zu tragen. Gerade das war aber auch die Zeit der Dämonen und Fabelwesen. Denn mit dem Erwachen der Natur, würden zwangsweise auch so manch böse Geister erwachen. Es mussten also eine Reihe von Tabus streng einhalten werden. So durften zum Beispiel die jungen Mädchen am Tag Mariä Verkündung nicht zum Brunnen gehen, denn dort lauerten ihnen Waldfeen auf, um sie zu entführen. Es gab noch viele Aberglauben in Verbindung mit dem Tag der frohen Botschaft. So hieß es zum Beispiel, dass in der Nacht zuvor ein blauer Schimmel dort aufsteigt, wo vergrabene Goldschätze liegen.
Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES und bojentsi.com
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