Am 28. Mai, am Tag, an dem man in Bulgarien der Opfer des Kommunismus gedenkt, wird im ehemaligen kommunistischen Konzentrationslager in Belene an der Donau der Grundstein für ein Gedenkpark für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts gelegt werden.
Bulgarien ist das einzige europäische Land, das noch keine solche Anlage besitzt, die das Gedächtnis an die Opfer wach hält. Der Missstand bedrückte vor allem jene, die das Erbe der Märtyrer angetreten haben, unter ihnen der katholische Geistliche in Belene, Pater Paolo Cortesi. Er gründete eigens eine Stiftung, die sich dafür einsetzt, das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Belene in einen Gedenkpark zu verwandeln. Das Lager war 1949 auf Beschluss des Ministerrates des von den Kommunisten regierten Bulgarien eingerichtet worden. Die Initiative von Pater Cortesi erwies sich jedoch nicht so einfach, zumal die bulgarische Öffentlichkeit dem Unterfangen gemischte Gefühle entgegenbrachte. Warum ist das so, fragten wir den Geistlichen.
„Es ist eine große Wunde, die im bulgarischen Volk klafft, denn in jener Zeit haben Bulgaren ihre eigenen Landsleute ungebracht“, erläutert der katholische Geistliche. „Es ist also ein Unterschied im Vergleich zur türkischen Fremdherrschaft vorhanden – wir sprechen nicht über Gewalt von Außen, sondern von etwas, das in der eignen Familie geschehen ist. Es ist daher verständlich, dass viele Menschen nicht darüber sprechen wollen. Sie wollen es lieber vergessen. Man muss aber in die Wunde schauen, damit sie heilen kann, d.h. man muss sich der Wahrheit bewusst werden, die Tatsachen in Augenschein nehmen und dann an die Heilung herangehen. Dieser Konflikt hat in all den 45 Jahren viele Opfer gekostet und erst eine Versöhnung kann helfen, wenn die Henker sagen „Ich habe einen Fehler gemacht, ich habe ein Verbrechen begangen“ und die Opfer entgegnen „Ich verzeihe dir“. Das Ziel des Gedenkens ist, eine Versöhnung herbeizuführen. Und nur wenn die Wunde geheilt ist, kann man wieder nach vorn schauen und vorwärts schreiten. Wenn wir das nicht tun, werden wir immer unter den Folgen der Wunde leiden.“
Er war kaum zehn Jahre alt, als sich Paolo Cortesi entschied, sich dem christlichen Glauben zu verschreiben. Er trat dem Orden der Passionisten bei. Vor fünf Jahren kam er nach Belene und sah darin ein göttliches Zeichen, dass er in die Stadt seines Ordensbruders, des seligen Bischofs Evgenij Bosilkov (ein Opfer der kommunistischen Regimes), als Priester entsandt wird. Seitdem führt er Pilger aus Bulgarien und Italien durch die Stätten, die „mit Tränen und Blut unschuldiger Menschen getränkt“ sind.
„Wir können nicht die Geschichte Bulgariens verstehen, wenn wir uns nicht die Epoche der totalitären Regime in Europa vergegenwärtigen“, sagt weiter Pater Cortesi. „Es ist nur wenigen Menschen bekannt, dass Belene in den Jahren 1942 bis 1944 ein Zwangsarbeitslager für Juden und Kommunisten gewesen ist. Danach wurde es ein Ort für das Leid von Antikommunisten. Ähnliches ist auch in Rumänien, Ungarn, Polen, Deutschland, Italien und Spanien geschehen. Daher gedenken wir in Belene der bulgarischen, aber auch all der anderen europäischen Opfer des 20. Jahrhunderts.“
„Die Wahrheit wird euch frei machen“, hatte Jesus gesagt. Pater Paolo Cortesi meint, dass man sich vor ihr nicht fürchten darf, auch nicht vor die der kommunistischen Vergangenheit. Es ist die Geschichte der Opfer, die man im Gedächtnis behalten muss. Unter ihnen sind orthodoxe Christen, Katholiken, und auch Protestanten. Sie sollten beispielsweise in den Geschichtsbüchern Eingang finden, denn es gebe viele Wege der Versöhnung, meint Pater Cortesi.
„Einer dieser Schritte ist dieser Gedenkpark mit einem Museum für die Menschen, die Repressalien erdulden mussten“, sagt weiter der katholische Geistliche. „Ein weiterer Schritt ist, dass man in der Schule den jüngeren Generationen die Wahrheit über die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts nahe bringt, sei es Faschismus, Nazismus oder Kommunismus. Notwendig ist entsprechende Literatur, wie auch Dokumentarfilme, ferner das Engagement der Theater, denn die Kultur des Gedächtnisses ist wichtig und steht mit vielen Dingen in unserem Leben in enger Beziehung.“
Pater Paolo Cortesi ist davon überzeugt, dass der Gedenkpark in Belene im kommenden Jahr eröffnet werden wird. Die Initiative habe die himmlische Segnung durch den Seligen Evgenij Bosilkov erhalten.
„Er lehrt uns Versöhnung. Er hat nie etwas Böses gegen die damaligen Machthaber gesagt. Er lebte und starb wie unser Erlöser, Jesus Christus – stets die Liebe im Herzen.“
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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