Die Bulgarische orthodoxe Kirche ist einer der größten Grundstückbesitzer in Bulgarien. Die Nutzflächen der Kirche haben einen bedeutenden Anteil an der landwirtschaftlichen Produktion des Landes. Daher ist ein Beschluss der Kirchenväter von letzter Woche nicht nur mit einem Schmunzeln im Gesicht wahrzunehmen: Die orthodoxe Kirche hat ihren Pächtern verboten, jegliche Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Damit wagt sie einen großen Schritt in Richtung Bioanbau.
Seit jeher gelten die Bauernhöfe der Klöster als einen Hort des biologischen Anbaus. Dort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, was aber nicht unbedingt im negativen Sinn zu verstehen ist. Tomaten, Gurken, Paprika, Zwiebeln, Äpfel, Birnen, Nektarinen, Apfelsinen, Milch, Honig, Fisch – das alles ist in den Klöstern zu haben, dazu noch garantiert naturgerecht hergestellt. Davon hat sich auch eine Delegation der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) überzeugen können, die letzte Woche das Kloster Kremikowtzi nahe Sofia besucht hat.
Der Bioanbau boomt seit vielen Jahren weltweit, so auch in Bulgarien, obwohl man es im Supermarkt nicht sofort merken kann. Die Bauernhöfe, die biologisch anbauen, sind mittlerweile mehr als 6000 an der Zahl, doch rund 90 Prozent ihrer Produktion wird nach Deutschland, Österreich, in die Schweiz und in die skandinavischen Länder exportiert. Dazu zählen in erster Linie Obst und Gemüse, aber auch Käse und Fleisch. Die Produkte werden allerdings im Ausland verpackt und für den Kunden ist es kaum möglich zu erfahren, woher sie stammen. Und die Exporte sind so groß, weil die Nachfrage in Bulgarien selbst noch zu gering ist. Außerdem ist die Kaufkraft in Bulgarien so niedrig, dass sich die Kunden die hohe Qualität der Bioprodukte in der Regel nicht leisten können. Die Bio-Landwirte machen inzwischen 2 Prozent aus und ihre Zahl wächst ständig.
Es steigt aber nicht nur die Zahl der Bio-Bauern – es mehren sich auch die Sorten von Obst und Gemüse, die angebaut werden. Neben den für Bulgarien traditionellen Spinat, Kopfsalat, Kräutern, Bohnen, Zucchini, Auberginen, Mais, Kürbis usw. bauen die Landwirte mittlerweile auch Oliven, Kiwi und Artischocke an, und es mehren sich auch die Imker, die Bio-Honig herstellen, sowie die Winzer, die auf Bio-Wein setzen.
Die größten Probleme der Biolandwirtschaft in Bulgarien sei die stiefmütterliche Politik des Staates, der die Bioproduktion keinesfalls fördert. Im neuen EU-Haushalt 2014-2020 sind zugleich aber wesentlich mehr Mittel für die Förderung des biologischen Anbaus. Die Mittel für Bulgarien verfünffachen sich von 33 Millionen Euro in der vorigen Haushaltsperiode auf 152 Millionen Euro bis 2020. Das reicht den Biobauern in Bulgarien wohl nicht und sie fordern vom Landwirtschaftsministerium konkrete und gezielte Programme.
Doch, wenn man ganz ehrlich ist, so kann man die kleinen und schmucken Läden der Biobauern in den Großstädten nicht umgehen. Bäcker, Molkereien, Käsereien und Gemüseanbauer haben eine Nische in den Großstädten entdeckt, wo man den Geschmack von Tomaten, Schafskäse und Milch von früher vergessen hat und sich danach sehnt. Und obwohl die dort angebotenen Bioprodukte etwas teurer sind, als im Supermarkt, haben die kleinen Läden mittlerweile ihre Stammkundschaft. Nachdem nun auch die Kirche die Biolandwirtschaft abgesegnet hat, dürfen wir auf Läden der orthodoxen Kirche gespannt sein. Wer weiß?
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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