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Ist der Terrorismus die neue Kriegsführung in Europa?

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Von Madrid bis Istanbul, von London bis Nizza – überall erhallt die Frage, ist der Terrorismus die neue Kriegsführung in Europa? Diese Frage stellt sich auch der Sicherheitsexperte Dr. Peter Marinow in seinem neuen Buch "Terrorismus: Abstrakt und real". Im Gegensatz zu vielen anderen Buchautoren blickt Dr. Marinow auf eine mehr als 20jährige Erfahrung in den Streitkräften. Er beteiligte sich an den Einsätzen im Irak und Afghanistan und behauptet heute, der Terrorismus ist eine neue Kriegsführung, aber bei weitem nicht nur in Europa."Dabei gelten keinerlei internationale Normen, ganz im Gegenteil: das Ziel ist, gegen die Regeln zu handeln", sagt Dr. Peter Marinow in einem Interview für Radio Bulgarien:

"Das große Ziel der Terroranschläge in Europa ist, das Vertrauen in die Gesellschaftsordnung zu zerstören. Mehr noch – das Sicherheitsgefühl zu zerrütteln", sagt der Buchautor, und führt weiter aus: "Dieses Ziel hat mehrere Folgen. Zum einen schöpft es die Wirtschaftskraft der Zielländer aus, weil zusätzliche Mittel in die Terrorbekämpfung abgezweigt werden. Darüber hinaus werden bereits errungene Bürgerfreiheiten eingeschränkt, was zur Unmut führt. Und zum anderen kommt Misstrauen gegen andere ethnische Bevölkerungsgruppen auf. All das hat zur Folge, dass europäische Länder ihre gesamte Sicherheits- und Außenpolitik umstellen", behauptet Dr. Marinow.

Foto: rnda.armf.bgEs ist nicht leicht, das sozial-psychologische Profil der Terroristen zu umreißen. Dennoch gilt nach den jüngsten Anschlägen in Belgien, Frankreich und Deutschland, dass wir es mit einem neuen Typ von Attentätern zu tun bekommen.

"Es sind europäische Staatsbürger, meist in zweiter oder dritter Generation von Zuwanderern, die in Europa aufgewachsen sind", sagt Peter Marinow einleitend. "Der gemeinsame Nenner ist, dass sie mit einem Gefühl des Unrechts aufgewachsen sind. Sie sind überzeugt, ausgestoßen zu sein. Es sind meistens junge Männer, die in einer recht abgekapselten Umgebung aufgewachsen sind. Das ist eine wichtige Voraussetzung für ihre Radikalisierung. Zudem sind sie leichte Opfer von Manipulationen. Somit sind sie für die Sicherheitsbehörden eine große Herausforderung, weil man sie schwer identifizieren kann", meint der Sicherheitsexperte.

Für die Radikalisierung spielen die sozialen Netzwerke und selbst die traditionellen Medien eine entscheidende Rolle, denn sie verwandeln sich oft – gewollt oder ungewollt – in eine mächtige Waffe in den Händen von Terroristen. Ihre Organisationen schüren Angst und Panik, und das kommt an. Für Peter Marinow ist die Lösung in der Integration dieser abgekapselten Bevölkerungsschichten zu suchen. Die Rolle der formellen Institutionen der Religionsgemeinschaften sollte gefördert werden. Und weiter:

"Bildung, Bildung, Bildung – das ist das Rezept", behauptet der Terrorexperte. "In Afghanistan hatte ich die Möglichkeit, mit einheimischen Offizieren zu sprechen, die behaupten, die Taliban locken so viele junge Männer an, weil sie nicht gebildet sind. Jeder halbwegs gebildete Mensch würde sich eine eigene Meinung bilden können, die heiligen Bücher selbst lesen und sich daraus seine eigenen Schlüsse ziehen. Er würde niemanden brauchen, der sie ihm erklärt", begründet Dr. Marinow seine These.

Wo steht Bulgarien? Besteht eine Gefahr für die nationale Sicherheit des Landes in dieser sich schlagartig verändernden Welt?

"Eine unmittelbare Gefahr für Bulgarien besteht nicht", meint der Terrorexperte Dr. Peter Marinow. "Doch, das eigentliche Ziel des Terrors, das Fundament unserer Gesellschaft zu zerstören, sollte ganz bestimmt als eine Gefahr betrachtet werden. In Bulgarien gelten konkrete Maßnahmen. Vor wenigen Tagen wurde ein Antiterrorgesetz verabschiedet. Das ist ein guter Anfang, und es werden sicherlich auch weitere Schritte folgen, um dieser neuen asymmetrischen Gefahr entgegenzuwirken", sagte abschließend Dr. Peter Marinow.

Übersetzung: Vessela Vladkova



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