Nedko Solakow stellt man oft die Frage, womit er sich eigentlich beschäftigt – Bildhauerei, Malerei oder Installationen? Er aber antwortet: „Ich erzähle Geschichte“. In der Kunst sieht er ein Mittel zum Zweck. Und dennoch! Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Nedko Solakow einer der populärsten bulgarischen bildenden Gegenwartskünstler ist.
Seit 25 Jahren stellt er überaus erfolgreich in Europa, Asien und Amerika aus. 1992 beteiligte er sich zum ersten Mal an der Biennale in Venedig; es folgten Teilnahmen an der 3. und 4. Kunst-Biennale in Istanbul und selbständige Ausstellungen in Sao Paulo, Guangzhou, Lyon, Lissabon, Amsterdam und Rotterdam sowie in Madrid. Zurzeit stellt er in der Galerie „SARIEV Contemporary“ der südbulgarischen Stadt Plowdiw aus. Dort lernt ihn das Publikum jedoch von einer anderen Seite kennen: nicht als Maler-Konzeptualist, sondern als Naturalist, der die Freilichtmalerei wieder für sich entdeckt hat. Die Kunstwissenschaftlerin Jara Bubnowa analysiert:
„Allen, die die Werke von Nedko Solakow nicht kennen, sei gesagt, dass er in der Lage ist, ausgesprochen interessante und altertümlich anmutende Geschehnisse zu erzählen, die mit unserem realen Leben in Verbindung stehen“, erzählt die Expertin. „Er ist ein Maler, der ungemein großen Erfolg hat und sich an den bedeutendsten internationalen Kunstausstellungen beteiligt hat. Seine jüngste Exposition beeindruckt um so mehr, weil sie den kurzen Titel „Natur“ trägt. Das ist ganz und gar nicht typisch für ihn. Für gewöhnlich wählt er ein solches Motto, das dem Betrachter seiner Arbeiten einen Einstieg in seine Installationen gestattet, mit denen er das Thema auf ungewöhnliche Weise weiterentwickelt oder auch widerlegt. Die Natur ist ein äußerst traditionelles, man könnte heutzutage sogar sagen triviales Kunstthema. Es passt nicht zu einem Künstler, der sich der modernen visuellen Sprache bedient.“
Das gewählte Thema weist darauf hin, dass Nedko Solakow dem Stadtleben mit seiner Entfremdung und seinen Konflikten ganz einfach entrinnen wollte. Und tatsächlich – 12 Tage lang unternahm er in den Gebirgswäldern in der Nähe von Gabrowo ausgedehnte Spaziergänge. Insgesamt legte er 147 Kilometer zurück; dabei fertigte er jeden Tag eine Zeichnung an.
„Er koppelte beides – seine Rolle als Maler, der eine Ausstellung vorbereitet und die Freude, mitten in der Natur, der Natur seiner Heimat, zu sein“, erzählt weiter Jara Bubnowa. „In den entstandenen 12 Zeichnungen kommen die Großartigkeit und die Größe der Natur, ihre scheinbare Unendlichkeit und Vollkommenheit sowie ihre Eigenschaft zum Ausdruck, als Metapher zu dienen. Obwohl Nedko Solakow bestrebt war, hauptsächlich die guten Seiten der Natur hervorzuheben, erinnert die Realität und das Leben auf brutale Weise an sich. Neben den Naturschönheiten gibt es etliche Dinge, die dem Künstler missfallen. Ihm reichen die Mittel der Grafik nicht aus und er ergreift zwangsläufig das Wort. Mit dem Wort beginnt laut der Bibel nicht nur die Welt, es ist ein Ausdruck der Emotion, einem Fluch gleich. Aus meiner Sicht ist die Ausstellung insbesondere für Bulgarien bestimmt; sie bringt das Können des Künstlers und die Realität der Arbeit zum Ausdruck. Gleichzeitig damit ist sie auch amüsant, modern und kritisch. Sie richtet sich an uns alle, zielt auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, unsere Assoziationen, aber auch Verantwortungen.“
Das ist die Botschaft der jüngsten Ausstellung des Avantgardisten Nedko Solakow, der 2009 laut dem „Kunstkompass“ zu den 100 weltweit gefragtesten Künstlern der Gegenwart gehörte. Welcher Herausforderung er sich als nächstes stellen wird, kann nur schwer vorausgesagt werden. Nedko Solakow hat bisher immer für Überraschungen gesorgt und das ist vielleicht auch einer der Gründe für seinen stetigen Erfolg.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: SARIEV Contemporary Gallery und Privatarchiv
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