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Sonntagsmarkt hält Traditionen wach

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Foto: Gergana Mantschewa

Sonntag für Sonntag stehen in Zlatitza bei Hitze und Kälte Händler ihren Mann. Dann erobern sie die Hauptstraße der Stadt und bieten Obst, Gemüse, Blumen sowie Erzeugnisse für Haus und Garten feil. Der Sonntagsmarkt ist für eine Kleinstadt ein bedeutendes Ereignis. Hier begegnet man dem Bürgermeister, dem Lehrer, dem Arzt und dem Schäfer. An den Ständen wiederum findet man Waren für jeden Geschmack und Geldbeutel. Weder die großen Einkaufzentren, noch der Onlinehandel können das bunte sonntägliche Treiben ersetzen.

Der Markt ist der Ort für zufällige und vereinbarte Treffen, für Scherze und einen Schwatz mit den Händlern und Landwirten. Der Markttag ist ein wahres Fest. Hier sind junge Familien mit ihren Kindern unterwegs. Für sie haben besonders die Stände mit Süßigkeiten, Spielzeug und Eis magische Anziehungskraft. Am nützlichsten ist der Markt jedoch für die Hausfrauen. Hier können sie sich nach Belieben ihre Waren aussuchen und sich von den Landwirten und Produzenten beraten lassen. Das der Markt genau das Richtige für sie ist, kann man von ihren Gesichtern ablesen. Sie füllen die Einkaufstaschen mit Tomaten, Paprika, Weißkraut und Möhren, denn im Herbst legt man in Bulgarien eifrig Gemüse ein.

Auch die Familie von Weselina Bakowa aus dem Dorf Ljuben bietet auf dem Markt Obst und Gemüse aus dem Eigenanbau feil. Jeden Sonntag machen sich Weselina Bakowa und ihr Mann um drei Uhr in der Frühe auf den Weg. Die Müdigkeit vom langen Anfahrtsweg merkt man ihnen nicht an. Stets hat das freundliche Ehepaar für seine Kunden ein offenes Ohr.

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Wir sind jeden Sonntag hier“, erzählt Weselina Bakowa. „Unsere Erzeugnisse stammen aus dem eigenen Anbau und sind daher sehr beliebt. Unsere Stammkundschaft vertraut uns, weil wir auf gleichbleibende Qualität setzen. In einem Jahr gehe ich in Rente. Von Hauptberuf bin ich Lehrerin. Nach der Schule arbeite ich dann in der Landwirtschaft. Wenn man arbeitsam ist und sein Geld zusammenhält, kann man auch mit der Landwirtschaft etwas verdienen. Da wir in der Woche keine Zeit haben, treffen wir uns am Markttag zudem mit Verwandten und Freunden. Mein Mann ist hauptberuflich ebenfalls anderweitig tätig und geht nach der Arbeit aufs Feld. Landwirtschaft bedeutet nun mal tägliche Arbeit.

Radka Iliewa hingegen fährt bereits am Vortag nach Zlatitza. Sie kommt aus Sliwen, wo sie eine Obstbaumschule betreibt.

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Wir mögen die Gespräche mit den Leuten“, erzählt Radka Iliewa. „Häufig werden wir gefragt, wie die Obstbäume richtig gepflanzt werden und ob sie von uns sind. Natürlich stehen wir immer gern mit Rat zur Seite. Mein Sortiment umfasst mehr als 40 Baumarten. Besonders beliebt sind Aprikose, Pfirsich, Kirsche, Birne und Apfel. Unsere Baumschule ist ein Familienbetrieb. Ständig sind wir bemüht, uns auf den neuesten Stand zu bringen. Unser Business braucht Beständigkeit, beharrliche Arbeit, Menschen, auf die man sich verlassen kann, eiserne Nerven und Geduld. Die Probleme sind vor allem mit dem Geldmangel der Menschen verbunden. Wir haben uns unseren Betrieb aus Eigenmitteln aufgebaut, ohne Bankkredit und ohne Subventionen. Ohne Motivation läuft dabei gar nichts. Besonders inspirierend sind die freundlichen Menschen, mit denen man am Markttag ins Gespräch kommt. Diese Art von Märkten erlebt offenbar eine Renaissance. Das befördert natürlich den regelmäßigen Kontakt von Produzenten und Kunden.

Stefan stellt Zaumzeug für Pferde, Leinen für Haustiere, Schmiedewaren und diverses Zubehör für Farmen her. Seit 30 Jahren ist er auf dem Sonntagsmarkt dabei. Allerdings befürchtet er rückläufige Tierzahlen und damit das Aus für sein Handwerk.

Die Leute hier kennen mich. Vertrauen braucht Zeit, Qualität und Ehrlichkeit. Das Handwerk habe ich von meinem Vater und betagten Handwerksmeistern  erlernt“, erzählt Stefan. „Neben meinen Erzeugnissen biete ich auch die Waren anderer Handwerksmeister feil, die es nicht jede Woche auf den Markt schaffen. Mit den Jahren sammelt man Erfahrung  und macht sich unter Kollegen und Kunden einen Namen. Unser Unternehmen ist ein Familienbetrieb. Alle helfen mit – mein Bruder, mein Vater, meine Frau. Leider haben viele frühere Stammkunden ihre Pferde und Schafe verkauft. Da werde ich mich wohl künftig nach etwas Neuem umsehen müssen“, resümiert Stefan, der Schmied.

Übersetzung: Christine Christov

Fotos: Gergana Mantschewa




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