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Kabinett tritt zurück, hält aber am Haushaltsentwurf fest

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Selbst Finanzminister Wladislaw Goranow hat den Haushaltsentwurf der Regierung als „konservativ und langweilig“ bezeichnet. Damit wollte er eigentlich betonen, dass das Kabinett Borissow, das inzwischen zurückgetreten ist, keinen Kurswechsel vorhat. Der Ministerpräsident wolle einfach sicher gehen und auf Stabilität setzen. Doch, der Ausgang der Präsidentschaftswahlen hat den Regierungsplänen einen Strich durch die Rechnung gezogen. Die unerwartete Wahlniederlage führte zum Regierungsrücktritt.

Die Überraschung am Sonntag führte sogar soweit, dass die Regierungspartei den bereits ins Parlament eingebrachten Etatentwurf zunächst zurückziehen wollte. Dann aber ruderte der Finanzminister zurück. Verständlich – die Experten waren sich einig, dass ein solcher Schritt die finanzielle Stabilität des Landes aufs Spiel setzen würde. Andere wiederum beteuerten immer wieder, mit oder ohne Haushaltsentwurf Mitte November werde sich auf das Land keinerlei auswirken. Na ja, die versprochenen Gehaltserhöhungen für die Lehrer und die geplante Erhöhung des Mindestlohns wären hin. Die panischen Reaktionen legten sich aber schnell wieder, nachdem der Finanzminister kurz und deutlich erklärt hatte, der Haushaltsentwurf bleibe so, wie er eingereicht wurde. Und zurückgezogen wird er sowieso nicht.

Das Parlament setzt also seine Arbeit am Haushalt für das kommende Jahr fort. Die Verabschiedung in erster Lesung soll sogar schleunigst erfolgen. Doch, es hat sich einiges geändert. An erster Stelle natürlich der Umstand, dass die Regierung, die den Etatentwurf ausgearbeitet hat, zurückgetreten ist. Dann setzt dieser Haushalt den Rahmen für mindestens zwei Nachfolgeregierungen – einer vom Staatspräsidenten ernannten Übergangsregierung und einem Kabinett, das nach der vorgezogenen Parlamentswahlen in Amt treten wird. Ob ihnen aber dieser Haushaltsrahmen gefallen wird? Wohl kaum. Denn der Staatshaushalt ist das politische Instrument einer Regierungsmehrheit. Der eingereichte Entwurf spiegelt die Politik der bürgerlichen GERB-Partei und ihres Juniorpartners, des konservativen Reformblock, wieder. Die Mehrheit der Bulgaren hat sie jedoch bei den gerade abgehaltenen Präsidentschaftswahlen deutlich abgestraft. Sie stellten also ein Armutszeugnis auch dem Haushaltsentwurf aus. So stellt sich nicht die Frage, ob, sondern wie oft dieser Staatsetat bis zum Herbst 2017 revidiert wird, wenn die Zeit für den nächsten Entwurf kommt.

Diese Ungewissheit bringt für die Wirtschaft unsichere Zeiten, was unweigerlich auch auf das gesamte Leben in Bulgarien Auswirkungen haben wird. Noch wäre es verfrüht, über konkrete Zahlen zu sprechen. Die Botschaft ist aber klar – die Abgeordneten stimmen über einen Haushalt ab, der nur von kurzer Lebensdauer sein und schon gar nicht umgesetzt wird. Dabei ist der Grund nicht etwa, dass die Rechnungen falsch wären. Im Gegenteil: Die Finanzexperten haben ihn als eine klare Aussage über die Prioritäten des Landes bezeichnet. Der Etat trage Rechnung über die Ausgaben des Landes und schätze nüchtern die erwarteten Einnahmen ein. Es geht schlicht und einfach um Politik. Denn bei den Präsidentschaftswahlen am Sonntag haben die Bürger weniger für den Sieger General Radew gestimmt, als vielmehr gegen die Austeritätspolitik der Regierung. Gegen jene Politik also, die sich im eingebrachten Haushaltsentwurf wiederspiegelt.

Redaktion: Vessela Vladkova



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