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Chinesen könnten Atommeiler Belene retten

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Foto: BGNES

Bis vor kurzem sah es ganz danach aus, dass der geplante Bau eines zweiten Atommeilers am Standort Belene am Donauufer in eine Sackgasse geraten ist. 2012 hatte das Parlament das Projekt im Zuge von Bedenken über die politische und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit eingefroren. Die Reaktorblöcke waren jedoch bereits in Russland bestellt.

In diesem Zusammenhang entschied ein internationales Schiedsgericht im Frühjahr dieses Jahres, dass Bulgarien Russland die Reaktorblöcke bezahlen muss. So kam es dazu, dass Bulgarien auf einem eingefrorenen Bauprojekt und zwei nagelneuen russischen Reaktorblöcken saß, die noch nicht bezahlt und in der Praxis unnötig waren. Eine prekäre Lage, die sich angesichts fehlenden politischen Willens und fehlender Mittel weiter zuspitzte. Nachdem klar war, dass die hergestellten Reaktorblöcke bezahlt werden müssen, stellte sich in Sofia die akute Frage – was nun mit diesen teuren Anlagen. Die logischste Antwort war, sie einfach weiterzuverkaufen, am besten gleich das ganze Projekt. Nur dass es weltweit nicht so viele potentielle Abnehmer für Atommeiler und Reaktorblöcke gibt.

Jetzt sieht es ganz danach aus, als könne das Projekt mithilfe chinesischer Investoren wiederbelebt werden. Seit zehn Tagen wird ihrerseits ein reges Interesse am begonnenen und angeblich begrabenen Meilerprojekt verzeichnet.

Bereits vor der Zahlung von 601 Millionen Euro für die vor zehn Jahren in Auftrag gegebenen Reaktorblöcke an das russische Atomstroyexport waren Vertreter der China General Nuclear Corporation nach Bulgarien gekommen. Die in Sofia auf höchster Ebene geführten Gespräche, einschließlich mit Premier Bojko Borissow, ergaben, dass das asiatische Land eventuell als strategischer Investor in das Projekt einsteigen will. D.h. es würde Eigentümer des Meilers werden und diesen auf eigene Rechnung als Privatunternehmen betreiben. Solche Investoren sind rar, im Grunde genommen gibt es weltweit nur drei – das amerikanische Westinghouse, die Électricité de France und eben die China General Nuclear Corporation. Laut unbestätigten Informationen haben alle drei Unternehmen Interesse am bulgarischen Projekt bekundet. Konkrete Schritte haben bisher jedoch nur die Chinesen unternommen. Mit einem veranschlagten Preis von über zehn Milliarden Euro ist der Atommeiler Belene kein Projekt für jedermann.

Das Interesse der Chinesen am Atommeiler scheint auch finanziell abgesichert zu sein. Am Dienstag wurde bekannt, dass neben der China General Nuclear Corporation auch die Industrial and Commercial Bank of China einsteigen könnte, die offensichtlich wohl kaum zum Eigentümer und Betreiber des Atommeilers avancieren, sondern eventuell nur das Geschäft finanzieren will. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es sich dabei um die bilanzstärkste Bank der Welt handelt.

Die chinesische Investoren- und Bankerwelle kann Sofia nur recht sein. Denn so könnte das Land eines seiner schwierigsten und teuersten Probleme lösen, in das bereits rund zwei Milliarden Euro investiert wurden, die dem Staat unwiederbringlich verloren gehen könnten. Zwei Milliarden Euro sind für ein kleines und armes Land wie Bulgarien viel Geld, denn diese Summe übersteigt beispielsweise die jährlichen Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung um das Doppelte. An dieser Stelle muss auch gesagt werden, dass die bulgarische Regierung laut zuverlässigen Quellen den chinesischen Partnern gegenüber sehr ehrlich und direkt gewesen sei und Staatshilfen sowie Vorzugsbehandlung von vornherein ausgeschlossen habe. Das gesamte Projekt solle einzig und allein marktorientiert ausgerichtet werden, betonte dabei Premier Borissow. Jetzt ist es an den Chinesen bis ins letzte Detail zu kalkulieren, um keinerlei Risiken einzugehen, was sie sehr gut können. Sofia bleibt nichts anderes übrig, als auf gute Nachrichten aus dem Reich der Mitte zu hoffen.

Übersetzung: Christine Christov



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