Sobald man dieser Tage den Nationalen Kulturpalast betritt, taucht man in ein wahres Büchermeer ein. Über 200 Verlage warten mit unterschiedlichsten Werken bulgarischer und ausländischer Autoren auf, begonnen bei Literaturklassik bis hin zu Esoterik. Die Buchmesse ist zugleich ein Ort der Begegnung, wo die Autoren mit Leserinnen und Lesern ins Gespräch kommen können. Die Besucher konnten sich beispielsweise mit dem Archäologen und Forscher thrakischer Grabmäler Prof. Nikolaj Owtscharow über sein neuestes Buch unterhalten, das von Reisen und Archäologie handelt. Die Medienexpertin Prof. Lilia Rajtschewa stellte wiederum ihr Buch „Das Phänomen Fernsehen“ vor.
Auf großes Interesse sorgte beim Publikum das Treffen mit Hassan Blasim, einer der markantesten Stimmen in der modernen arabischen Literatur. Der irakische Filmemacher, Schriftsteller und Blogger weilte im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals in Sofia, wo er seinen zweiten Sammelband mit Kurzgeschichten „Der irakische Christus“ präsentiert hat. Hassan Blasim ist der erste arabische Autor, der den „Independent Prize for Foreign Fiction“ für 2015 erhalten hat. Vor 15 Jahren hat er auf seiner Flucht nach Westuropa auch die bulgarische Grenze überquert. Hassan Blasim rief seinen bulgarischen Fans in Erinnerung, dass das Kostbarste, das sie haben, die Redefreiheit ist, während das Regime von Saddam Hussein in den letzten 50 Jahren ganze Generationen begabter Schriftsteller und Dichter vernichtet hat.
Aus der Familie bulgarischer Emigranten stammt wiederum der talentierte Autor Ilija Trojanow. Er lebt seit langem in Deutschland, ist aber dem heimischen Publikum gut bekannt. Ilija Trojanow stellte sich in diesem Jahr mit seinem Roman „Macht und Widerstand“ vor, der zu einem der besten deutschsprachigen Romane 2015 gekürt wurde.
Themen wie Migration, Grenzen und Selbstbestimmung wurden während des Literaturfestivals aus poetischer Sicht interpretiert. Die Buchmesse im Nationalen Kulturpalast wurde von Musik der Gruppe „La Text“ begleitet, die eine Fusion aus zarter Lyrik und energischem Rock darstellt. Petar Tschuchow gehört zu den Gründern und Liedtextautoren der Gruppe. Er befasst sich von klein auf mit Poesie und ist fest davon überzeugt, dass jede Zeit gut dafür ist.
„Was meine Poesie angeht, kann sie nicht als sozial engagiert bezeichnet werden. Sie befasst sich vielmehr mit den Problemen der Menschen wie Einsamkeit, Liebe, verloren gegangener Sinn des Lebens – Dinge, die auf den ersten Blick banal erscheinen mögen, die aber jeden von uns irgendwann Schmerz bereitet haben“, sagt Petar Tschuchow. „Ich habe auf dem diesjährigen Festival die interessante Entdeckung gemacht, dass die Dichter ziemlich jung sind – um die 20, während die Prosa-Autoren 30 Jahre und älter sind. Offensichtlich setzt die Prosa ein reiferes Alter voraus. Das Publikum hat alle Autoren mit Interesse aufgenommen. Interessant ist, dass viele von ihnen keine humanitäre, sondern eine technische Ausbildung haben. Viele haben einen Hochschulabschluss in Biologie, Physik, Architektur. Es ist faszinierend zu erleben, wie sich technischer und wissenschaftlicher Intellekt mit Literatur paaren“, sagte abschließend der Dichter Petar Tschuchow.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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